##Transcribed text from the digitized book: Richtig angestellte und aufrichtig ##mitgetheilte Observationes von dem [...] Nord-Licht, [...] ##Note: Hyphenations at line breaks (indicated by "-" or "=") #were automatically marked with "¬" using regular expressions in Notepad++. ----[i]---- Richtig angestellte und aufrichtig mitgetheilte Observationes von dem seit eines halben Seculi sich in den meisten europäischen Ländern sehr merklich zeigenen und bekannt gewordenen Phaenomeno, unter dem Namen von Nord-Licht, Worinn dessen Historie, seine Bewegungen, Vorstellungsarten, Zeiten, Orten und Hindernisse seiner Erscheinung, als auch, was aus der dergleichen Wahrnehmungen sicher kann geschlossen werden, Nebst einer beygefügten Hypothesi, dessen Ursprung und Ursache; Zum Vergnügen aller Liebhaber der Naturwissenschaft, insonderheit aber zum Dienst der Physicorum, denen es an zulänglichen und in den nordlichsten Länden genommener Observationes bishero gemangelt hat, um den wahren Grund desselben ausfündig zu machen. Dargelegt und herausgegeben von L. BARHOW, Pastor auf Oereland, ohnweit Drontheim in Norwegen. Frankfurt und Leipzig, verlegts Franz Christian Mumme, 1751. ----[ii]---- A. B. C. D. A. Die Gestalt des Nordlichtes von der ersten Art B. Das Nordlicht von der andere und C. Das Nordlicht von der dritten Art, wie es sich in unterschiedenen Figuren præsentirt D. Ein Regenbogen, wovon in Ausführung der Hypothesis gemeldet wirdt. ----[iii]---- Vorbericht. Diejenige Lufterscheinung welche den Namen vom Nordlicht bekommen, und jetzo, besonders in einem halben Saeculo angefangen hat, sich mehr zu zeigen und weiter auszubreiten, als jemals ehedem, hat nichts anders, als vieler ihre Curiosité und Begierde erwecken können, um sowol bey allen sich er¬ eignenden Gelegenheiten dasselbe zu betrachten, als auch, um dessen ----[iv]---- eigentlichen Ursprung und Eigen¬ schaft nachzuforschen: Theils, weil es scheint, fast alle bishero bekann¬ te Lufterscheinungen an Seltsam¬ keit zu übertreffen; denn, inson¬ derheit in diesen nordlichen Län¬ dern, wo es sich am öftesten und am deutlichsten zeiget, weis man fast nicht, was man am meisten dar¬ an bewundern solle, entweder des¬ sen Klarheit und Schein, oder des¬ sen überaus schöne und lebhafte Farben, oder dessen ungemein gros¬ se Geschwindigkeit, sich zu bewe¬ gen, oder dessen Menge über den größten Theil des Himmels, oder ----[v]---- dessen unzähliche Gestalten und Fi¬ guren, oder dessen verschiedene und ungewisse Zeiten, sich sehen zu las¬ sen, welche zum voraus nicht zu determiniten sind: Theils hat es auch dem Nachsinnen und Witze der Physicorum genug zu thun gegeben, weil es das Ansehen hat, völlig von einem Paradoxo in der Natur, sowol, weil es in den vo¬ rigen Zeiten fast unbekannt gewe¬ sen, so daß es scheint, als wenn die Natur in ihrem hohen Alter eine neue Leibesfrucht ausgebrütet hat, als auch, daß es nur einzig und allein in einem gewissen Theile der ----[vi]---- Athmosphaera der Erden hangen soll, nemlich um den Nordpol her¬ um, da doch sonst alle andere Luft¬ erscheinungen fast allgemein sind. Und dieses hat die mehresten nicht wenig in ihren Gedanken gestöhrt, daß, wenn die allerscharffinnigsten sich am meisten bemühet haben, den Grund von diesem Phaenomeno zu geben, haben sie doch zuletzt auf¬ richtig bekannt und zugestanden, daß sie selbsten mit der Erklärung, die sie davon gegeben haben, übel zufrieden gewesen. Weil ich nun eben daselbst gebohren bin, wo das Nordlicht immer zu sehen ist, so ----[vii]---- habe ichs anfänglich nicht grosser Mühe werth geachtet, genaue Achtung darauf zu geben, (nam assiduitate etiam miracula vile¬ scunt.) Da ich aber nach und nach vernahm, was für ein Aufsehen und Aufmerksamkeit es an andern Orten verursacht hatte, gab ich nicht allein genauere Achtung dar¬ auf, sondern erkundigte mich auch allmählich aller der Meynungen, die bishero sind bekannt gemacht worden von derselben Sache. Je¬ mehr ich aber die Phaenomena des Nordlichts mit diesen Hypothesi¬ bus vergleiche, je weniger fand ich ----[viii]---- sie in den meisten Stücken annehm¬ lich, und sahe genugsam, daß den meisten, die ihre Gedanken davon eröfnet, genaue Observationen gemangelt haben, worüber sie auch selbsten klagen. Ich befunde mich selbsten auch nicht im Stande, ei¬ ne bessere Erklärung davon zu ge¬ ben, weßwegen ich jetzo in vielen Jahren mir vorgenommen habe, ohne etwann von einer Meynung besonders praeoccupirt zu seyn, einzig und allein alle vorfallende Observationes davon aufzuzeich¬ nen, wozu sich besonders hiesiges Orts gute Gelegenheit giebt, all¬ ----[ix]---- dieweil ich so weit wordlich, nemlich gegen 66. Graden, wohnhaft bin, und zwar an der Meerseite von der Nordsee, wo der meiste Theil des Horizontes ganz rein ist, und wo allerley Veränderung von Wit¬ terungen und Winden besser kön¬ nen gemerkt werden, als an den Or¬ ten, die weit ins Land hinein liegen. Da ich aber endlich vermeynte, nichts mehr neues oder veränder¬ liches in der Art des Nordlichtes worauf es sich praesentirt, finden zu können, habe ich versuchen wol¬ len, wie weit man daraus einiger¬ massen sicher schliessen möchte von ----[x]---- dessen Eigenschaft, und zuletzt habe ich denn eine neue Hypothesin da¬ von beygefügt, von welcher ich selb¬ sten gar nicht mehr eingenommen bin, als in so weit sie Beyfall finden möchte bey rechten Urtheilern; ge¬ stehe aber dabey, daß, wo es auf die¬ se Art nicht angehen könne, sehe ich gar keine Auswege, den Ursprung und die Eigenschaft des Nordlichts so zu erklären, daß es den geringsten Schein von Probabilität gewin¬ nen könnte, und mit allen Phae¬ nomenis des Nordlichts überein¬ kommen. L. BARHOW ----1/104---- Observationes. Von wie langer Zeit und an was für Orten sich das Nordlicht in den vorigen Zeiten hat sehen lassen. §. 1. Das Nordlicht ist allezeit von so uhr¬ alten Zeiten, als man Nachricht davon haben kann, gesehen wor¬ den von den Einwohnern in Grön¬ land, Island und Finmarken. Davon zeuget eine alte Schrift, geschrieben in Grönland um die Zeit, da das Land bewohnet war von nor¬ wegischen Leuten, welche Schrift der Hr. Peder Claussön, Pastor in Undal, in seine Beschrei¬ bung von Norwegen eingerückt hat, wo ohne Grönland auch gedacht wird Island und der nordlichste Theil von Norwegen, wo dasselbe Licht damals auch zu sehen gewesen, und nach ----2/104---- der Beschreibung im geringsten nicht unterschie¬ den ist von demjenigen, welches jetzo gesehen wird. Alldieweil denn Grönland schon bewohnet war in Olai Tryggonis, Königs in Norwegen, Zei¬ ten, und das Nordlicht kurz darauf, nemlich da dieses geschrieben worden, vor nichts neues gehalten wurde, kann man allezeit schliessen, daß es schon seit 700. Jahren an eben den Orten ist zu sehen gewesen. Gleichermassen bezeugen die Reisebeschreibungen der Holländer von spä¬ teren Zeiten, daß auf Spitzbergen und in an¬ dern nordlichen Ländern, wo sie übergewintert haben, ist das Nordlicht zu sehen gewesen von den ersten Zeiten, da diese Länder sind beseegelt worden. §. 2. In den älteren Zeiten finden wir zwar etliche Lufterscheinungen aufgezeichnet, welche scheinen dahin gebracht werden zu können; als beym Aristot. Meteorol. libr. 1. cap. 4. 5. it. beym Plinium Hist. Nat. lib. 2. c. 26. und insonderheit bey Senecam quaest. Natur. lib. 1. cap. 15. Doch ist es ganz ungewiß, ob dieses von selbiger Art gewesen, wiewol es nicht unmöglich seyn möch¬ te; wovon weiter unten. §. 3. Ohne das ordinaire Nordlicht, welches sich hoch am Himmel zeiget, haben die Einwoh¬ ner beym Nordcap und in Ostfinmarken im¬ mer bey hellen Wetter des Winters ein blaues Licht oder Schein gesehen neben dem Horizonte in Nordwesten, welches ganz stille stehet und sich nicht beweget, und dieses heissen sie das rechte ---3/104--- Nordlicht, das andere aber welches sich hö¬ her am Himmel zeiget, nennen sie Wetterlicht. Und kann ich nicht anders schliessen, als daß dieses eben das Licht seyn muß, dessen der welt¬ berühmte Philosophus, B. Wolff, in seinen ver¬ nünfft. Gedank. von den Würk. der Natur ge¬ denket, daß er von einem, der die nordliche Län¬ der befahren, sich hat erzehlen lassen, daß oft ein helles Licht gegen Norden gesehen wurde, welches er auch als den Ursprung des Nord¬ lichtes ansiehet, obschon dasselbe ihm nicht deut¬ lich genug ist beschrieben worden. §. 4. An hiesigen Orten, welche gegen 66. Graden liegen, will zwar einer und der an¬ dere behaupten, daß es in den vorigen Zeiten nicht so vielfältig zu sehen gewesen, als wie je¬ tzunder. Doch kann niemand sich besinnen, oder mit Gewißheit sagen, von andern etwann gehört zu haben, daß es jemals als was ganz neues oder seltsames ist angesehen worden. Zum wenigsten weis ich gewiß, daß es schon 1680. in hiesigen Gegenden nicht was rares gewesen, und zwar auf die Art, wie es jetzo ge¬ sehen wird. Daß es aber in den uhralten Zei¬ ten nicht so gewesen, ist leicht zu schliessen, weil es die Norweger als was rares verzeichnet ha¬ ben in Grönland, da doch die meisten von ih¬ nen aus dem Drontheimschen gewesen, welches unter oberwähnten 66. Graden liegt. De߬ wegen wird auch in diesem alten Manuscript von Grönland gemeldet, daß dieses Licht nicht zu ---4/104--- sehen war, als nur in dem nordlichsten Theil von Norwegen, und das ist Finmarken. §. 5. In den südlichen Provinzien von Nor¬ wegen, die da unter 60. Graden liegen, ist es nicht so kennbar zu sehen gewesen, als im An¬ fange des gegenwärtigen Seculi. Hernacher ist es allmählich gesehen worden in Dänemark, Teutschland, Frankreich und Italien, welches hier unnöthig ist zu specificiren, weil es zu mei¬ nem Vorhaben nicht kann angewendet werden, und ohnedem anderswo genugsam zu finden ist, als in Actis Erudit., Memoires de l'Academ. Royal; it. in Transact. Angl. als auch in an¬ dern particulairen Tractaten. Also daß, obschon vielleicht in den nächsten älteren Zeiten etwas ähnliches an dergleichen Orten (wiewol über¬ aus sehr selten) sich hat blicken lassen, welches einige bey den alten Schriftstellern zu finden ver¬ meynen, so ist dieses von so einer Kleinigkeit ge¬ wesen, daß es kein sonderlich Aufsehen verur¬ sachet. Was vor Bewegungen das Nord¬ licht hat. §. 6. Das Nordlicht hat eigentlich zweyer¬ ley Bewegungen. Die erste ist diejenige, wo¬ durch dessen ganze Massa (es seye von was für einer Figur oder Lage es wolle) nach und nach sich hinziehet und bewegt wird von einem Orte des Himmels zum andern; welche Bewegung ich weiter unten, der Deutlichkeit halben, nen¬ ---5/104--- nen will dessen äusserliche Bewegung. Die andere Bewegung ist diejenige, wodurch dessen leuchtende Partickelgen um einander bewegt werden mit einer unglaublichen Geschwindig¬ keit innerhalb des Raums, wo sich das Licht zeiget; welche Bewegung diejenige ist, die da sowol macht, daß es scheint zu flammen, bren¬ nen und Strahlen zu schiessen an den Seiten, als auch, daß es dieselbe so geschwinde verän¬ dert, wie auch eben so geschwinde sie gänzlich verliehret; welches ich weiter unten heissen will dessen innerliche Bewegung. §. 7. Die äusserliche Bewegung geschiehet sehr langsam, doch mit dem Unterscheid, daß sie bisweilen weit stärker ist einmal als das ande¬ re, so daß das Nordlicht oft scheint lange ganz stille zu stehen an einem Orte, da es doch nach und nach anderswo hinziehet. Bisweilen aber ziehet es geschwinder fort, doch nimmer so ge¬ schwind als die niedrigen Wolken, wenn ein Sturmwetter da ist. Jch rede hier von der Bewegung so, wie sie in die Augen fällt, in Vergleichung mit der Bewegung der Wolken; denn aus der Optic ist sonsten bekannt, daß die Dinge, die weit entfernet sind, oft können eine weit stärkere Bewegung haben als die nähern, welche doch weit geschwinder scheinen bewegt zu werden. §. 8. Diese äusserliche Bewegung geschicht beständig gerade gegen das Wetter, so entwe¬ der schon in der niedrigen Luft wehet, oder bald ---6/104--- darauf kommen wird; welches auch vorher Christian Meier, Mitglied der Academie der Wissenschaften zu Petersburg, observiret hat in Comment. Acad. Petrop. 1728. p. 357. it. Wag¬ ner in Tract. de Phoenom. boreal. p. 33. als auch Mussenbroek und mehrere. §. 9. Hieraus ist denn leicht zu schliessen, daß es sich ohne Unterscheid gegen alle plagas mundi hin beweget, obschon am öftesten von Nord¬ osten zum Südwesten. §. 10. Die innerliche Bewegung ist von ei¬ ner unglaublichen Geschwindigkeit, so daß man ihr mit den Augen fast nicht folgen kann, da denn die ganze Massa scheint als Wellenweise zu gehen, welches einigen Anlaß gegeben, es für brennende Flammen zu halten. Mittlerweile aber, da sie so bewegt wird, spielet sie mit allen Regenbogencoleuren, und siehet aus, als wenn man geschwinde unzähliche Prismata und Polye¬ dra gegen die Sonne geschwinde hin und her umkehrte. §. 11. Je dünner die Materie, woraus das Nordlicht bestehet, gesammlet ist, je stärker zei¬ get sich die innere Bewegung; wenn aber die Materie so häufig gesammlet ist, daß man kaum die Sterne von der ersten Grösse dadurch se¬ hen kann, wird nicht viel von dieser Bewegung gemerkt, als nur in den äussersten Randen, wo denn auch nach der Wahrscheinlichkeit die Ma¬ terie dünner ist, als in dem mittelsten Theile. ---7/104--- §. 12. Durch diese innere Bewegung (wo¬ zu zwar auch die äusserliche was beytragen kann) können die Bogen und Striemen, wor¬ aus das Nordlicht bestehet, bisweilen so dün¬ ne und die Materie so zerstreuet werden, daß sie kaum zu sehen sind, und scheinen nur wie ein ganz dünner Rauch oder Nebel, gleich aber darauf werden sie so dicke zusammengetrieben, daß die Sterne kaum dadurch können gesehen werden; darauf werden sie wieder zertrennet, ja vergehen gänzlich, und kommen doch an ei¬ nem andern Orte wieder zusammen, nicht weit davon, nemlich an der Seite, wo sie, der äusser¬ lichen Bewegung nach, hingetrieben werden. Wie sich das Nordlicht praesenti¬ ret, welches zu dreyerley Arten kann gebracht werden. §. 13. Die erste Art, da das Nordlicht sich am hellesten und deutlichsten, so daß es am mei¬ sten sehenswürdig ist, zeiget, stehet in einem regulairen Bogen gegen Norden, doch ist das Centrum dieses Bogens niemals gerade in Nor¬ den, sondern gemeiniglich ein paar Striche ge¬ gen Westen, nemlich Nordnordwest. So lan¬ ge nun das Nordlicht auf diese Art verbleibet, verändert es gemeiniglich seine Gestalt nicht zu mehrerley Arten von Figuren, sondern bleibt beständig ein halber Circulbogen, obschon das¬ selbe den Ort verändert und allmählich sich hö¬ ---8/104--- her an den Himmel hinaufziehet. Er erstreckt sich wol oft queer über den ganzen Himmel; doch besin¬ ne ich mich niemals gesehen zu haben, daß er eben bis an den Horizont hinuntergegangen zu beyden Seiten, wie bisweilen der Regenbogen, sondern gemeiniglich fehlen daran 4. bis 5. Graden. §. 14. Jn einem solchen Bogen werden stets alle Regenbogencoleuren gesehen, und diese oft weit heller und lebhafter, als etwann in einem Regenbogen, doch in verrückter Ordnung, so daß anstatt, da in einem rechten Regenbogen die rothe Coleur allezeit die oberste ist, und her¬ nacher die andern in ihrer Ordnung unterwärts nacheinander folgen, so ist hier die rothe Coleur die unterste, darauf kömmt oranie, gelb, grün, blau, purpur und violet, welche die oberste Far¬ be ist. Die niedrigsten Farben zeigen sich am ersten und vergehen am spätesten, werden auch allezeit gesehen, die obersten aber fehlen biswei¬ len; die violette wird fast gar nicht oder sehr selten gesehen, wozu die Ursache wol seyn mag, entweder, daß diese Farbe allzunahe überein¬ kömmt mit der dunckelblauen Farbe, die der Himmel selbst sonsten bey Nachtzeiten hat in hellem Wetter, daß sie deßwegen davon nicht recht kann unterschieden werden, oder auch, weil die violette Strahlen (wie aus den Experimen¬ ten bekannt ist) die schwächste Kraft haben zu scheinen, und deßwegen am leichtesten können verdunkelt werden, denn der oberste Rand von allem Nordlichte, es mag Coleuren haben oder ---9/104--- nicht, ist stets dunkel, da im Gegentheil der niedrigste Rand, welcher sich gegen Norden keh¬ ret, allezeit das helleste Licht hat; wovon wei¬ ter unten. §. 5. Dieser Bogen ist ungleich breiter als der Regenbogen, denn eine einzige Coleur kann grösseren Platz und mehrere Graden am Him¬ mel einnehmen, als sonst der ganze Regenbo¬ gen, obschon die Breite nicht allezeit einerley ist. Ob er nun gleich sich am öftersten queer über den ganzen Himmel erstreckt, wird doch auch bisweilen nur ein Stück davon gesehen, wie vom Regenbogen. Er scheint oft an ei¬ nem Orte stille zu stehen, ziehet sich doch aber nach und nach anderswohin, gemeiniglich nach Süden oder Südsüdwesten. Er hat stets ei¬ ne schnelle innere Bewegung, welche doch die Coleuren oder ihre Ordnung nicht zerstreuet und zernichtet, und diese Bewegung zeigt sich am meisten in dem untersten oder nordlichen Rande. §. 16. Je weiter sich solcher Bogen an den Himmel hinaufziehet gegen den Zenith, je mehr verliehrt er seine Klarheit, und die Coleuren ver¬ gehen nach und nach, erstlich die obersten, her¬ nacher die untersten, und so bald er über den Zenith kömmt, wird nichts mehr davon gese¬ hen als etwann wie ein dünner Rauch oder weisser Nebel, bis daß er sehr wenige Graden über den Zenith gänzlich vergehet, doch geschicht solches nicht ganz ordentlich, daß er abnähme, ---10/104--- denn wenn der Bogen, mittlerweile da er nprd¬ werts dem Zenith ist, bisweilen fast ganz un¬ sichtbar worden, kann er doch ein wenig wei¬ ter hinauf gegen den Zenith anfangen wieder hervorzukommen, doch mit wenigerm Licht und Coleuren. Es mag nun daher kommen, daß die Materie, die eine Weile kann zerstreuet werden, wiederum zusammengetrieben wird, oder sie kann gleichsam in die Athmosphaera wei¬ ter hinunter sinken, und dadurch aus ihrem Lichte gebracht werden, dieses kann so just nicht gesagt werden; daß es aber meistentheils die¬ selben und nicht neue Partickeln sind, die die folgende Bogen componiren, kann einigermas¬ sen gesehen werden, wenn man fortfährt, be¬ ständig Achtung darauf zu geben. Und mitt¬ lerweile, da dieser Bogen sich so gegen den Ze¬ nith hinaufziehet und allmählich vergehet, kann ein anderer an die Stelle des vorigen kommen, der von selbiger Art ist. §. 17. Wenn sich das Nordlicht auf diese Art, wie oben erwähnet, zeigen soll, werden nothwendig folgende Dinge erfordert: 1) Daß der Himmel ganz helle seyn muß, und zugleich ein kaltes Wetter, welches denn auch gemei¬ niglich beständig anhält. 2) Muß der Bogen zwischen 30. und 45. Graden vom Horizonte stehen in Norden, denn so bald als er entweder niedriger oder höher ist, sind die Coleuren nicht völlig so deutlich oder regulair zu sehen. 3) Muß die Materie, woraus das Nordlicht bestehet, ---11/104--- nicht zu dünne oder zerstreuet seyn, auch nicht zu dicke zusammen, denn sonst zeigen sich gar keine Coleuren. 4) Muß dessen äusserliche Be¬ wegung von Norden gegen Süden seyn. Weil nun dieses alles nicht allezeit auf eine und diesel¬ be Zeit zusammen eintrift, so ist auch das Nord¬ licht auf diese Art sehr selten zu sehen, so daß, obschon nur wenige Tage und Wochen vorbey¬ gehen, daß nicht sollte Nordlicht gesehen wer¬ den an hiesigen Orten, so können doch 2. bis 3. Jahre vorbeygehen, daß man das Nord¬ licht nicht auf eine so regulaire Art zu sehen be¬ kömmt. §. 18. Die andere Art vom Nordlicht prae¬ sentiret sich nicht eben bogenweise, sondern nur stückweise hie und da am Himmel. Es hat zwar bisweilen einen ganz hellen Schein; weil aber dessen leuchtende Partickelgen dünne sind und weit zerstreuet, so ist es nur ein schwaches Licht, welches es von sich wirft, und die Coleu¬ ren kaum kennbar. Es siehet eigentlich aus, als wann uns die Sonne mit Wolken bedeckt ist, und doch anderswo unterwärts zwischen zwey Wolken in regnigten Wetter durchscheint, da der gemeine Mann gemeiniglich sagt, die Sonne ziehet Wasser; insonderheit kann es damit verglichen werden, wenn es ganz weiß und ohne Coleuren ist, wie oftmals geschicht. §. 19. Dieses ist vom vorigen nur unterschie¬ den in Ansehung der Dünne der Materie, es hat eben so eine starke innerliche Bewegung wie ---12/104--- das vorige. Von dessen äuserlicher Bewe¬ gung kann man nicht sonderlich etwas sagen, denn so bald es sich von der Stelle bewegt, ver¬ schwindet es ganz mit einmal, weil die weit zer¬ streuete Partickelgen dann noch mehr dissipirt werden, und dieses ist wol auch die Ursache, war¬ um es nur stückweise geschehen wird; denn ob¬ schon dessen Lage solchergestalt ist, daß es könn¬ te einen Bogen formiren, so ist doch so ein Bo¬ gen, der aus so einem schwachen und zerstreue¬ ten Licht bestehet, leicht unterbrochen durch die allergeringste Bewegung der Luft. Ja bis¬ weilen scheint das ganze nordliche Haemispha¬ rium erfüllet zu seyn mit dergleichen weit zer¬ streueten und doch leuchtenden Partickeln vom Zenith bis 10. oder 12. Graden über den Ho¬ rizont in Norden, so daß keine gewisse Lage oder Scheideraum darinnen zu sehen ist; doch, des¬ sen starker Bewegung ohngeachtet, scheint es wegen der Refraction des Lichts, als wenn alle Partickelgen ordentlich bogenweise gelegt wä¬ ren, dessen Centrum Norden sey. §. 20. Die dritte Art vom Nordlicht prae¬ sentirt sich in allerley Figuren und Gestalten, und wird allenthalben am Himmel gesehen, aus¬ genommen in dem südlichen Theile, wo sich nie¬ mals das Nordlicht zeiget; wovon weiter un¬ ten. Es hat keine Regenbogencoleuren, aus¬ genommen zufälliger Weise in den äussersten Ränden, welches hernacher soll beschrieben werden; hat aber nur einen klaren weissen ---13/104--- Schein, und scheint, wegen der innerlichen Bewegung, als wenn es brennte und Flam¬ men schösse. §. 21. Diese Art von Nordlicht ist die all¬ gemeinste, welches sich am öftesten zeiget, und ist dieses eigentlich eben das Nordlicht, welches an den meisten andern Orten ist observirt und beschrieben worden. Dessen Figuren, welche bald aus verticalen, bald horizontalen Bogen, Striemen, Säulen, Strahlen und Wirbeln bestehen, sind so unzählich, daß es unmöglich wäre, sie zu beschreiben, und ist dieses auch ganz unnöthig, ausgenommen in Ansehung des¬ sen, was für einer Veränderung es kann un¬ terworffen seyn, was für eine Lage es hat, und an was für einem Orte des Himmels es stehet; welches hernacher soll in Acht genommen wer¬ den. An den Orten aber, wo das Nordlicht selten und sparsam zu sehen ist, will ich mich gar nicht darüber wundern, daß einige sich ha¬ ben Mühe gegeben, dessen Gestalt und unter¬ schiedene Figuren genau zu beschreiben; an den hiesigen Orten aber wäre es eine vergebliche Arbeit; insonderheit, weil man nichts aus die¬ sen unterschiedenen Gestalten inferiren oder pro¬ biren kann, ausgenommen, daß es eine Materie sey, welche durch die Bewegung der Luft herum¬ getrieben wird, und dadurch sich in unterschied¬ liche zufällige Figuren formirt, die an sich sonst nichts weiter zu sagen haben. ---14/104--- §. 22. Wenn die Bogen von dieser Art des Nordlichts horizontal liegen und gegen Norden kehren, kann es auch bisweilen einige von den Regenbogencoleuren haben, besonders die rothe, doch nicht als nur in dem niedrigsten Rande ge¬ gen Norden; stehen aber die Bogen vertical, daß sie einigermassen, wo nicht ganz accurat, parallel sind mit dem Meridiano, haben sie kei¬ ne Coleuren, doch wenn sie noch, da sie nord¬ werts dem Zenith sind, Strahlen oder krum¬ me Linien von sich schiessen, (ut Fig. 3. lit. a.) daß sie perpendiculair auf den Meridian werden und gegen Norden kehren, sind die Coleuren gleich fertig, sich darinn sehen zu lassen. §. 23. Ob ich nun schon der Deutlichkeit we¬ gen, damit ich mich desto besser bey jedweden Umstand expliciren kann, das Nordlicht zu dreyerley Sorten gebracht habe, so darf doch niemand denken, daß ich es für diverse Arten halte; denn ein jeder kann leicht sehen und schliessen, daß es an sich selbsten eins und das¬ selbe ist, und der Unterscheid bestehet bloß al¬ lein darinne, was für eine Situation und Lage es am Himmel hat, und wie häufig oder dün¬ ne die Materie gesammlet ist, derowegen kann das Nordlicht sich in einem und denselben Abend nur allein auf eine einzige, bisweilen auf zweyer¬ ley, ja wol gar auf allen dreyen Arten zeigen. Ja die eine Sorte vom Nordlicht kann leicht¬ lich in die andere verwandelt werden, weil die Materie beständig in Bewegung ist; denn wo¬ ---15/104--- fern die erste Art zerstreuet und dünne wird, wird gleich die andere Art daraus; wofern es zusammengetrieben wird, und die Materie häu¬ fig, wird daraus die dritte Art; ja ein und der¬ selbe Bogen kann bisweilen an diversen Enden zweyerley Arten praesentiren. §. 24. So unähnlich als das Nordlicht an Gestalt und Figur ist, so unähnlich ist es auch an Licht und Klarheit. Wenn es sich am hel¬ lesten zeiget, scheint es weit des Mondes Licht zu übertreffen, und viel grössere Hellung über¬ all zu geben; dahingegen aber ist es bisweilen so dunkel, daß es nicht anders anzusehen ist, als ein weisser Nebel oder Rauch, welcher den ge¬ ringsten Schein nicht hat; es hat dennoch sowol die äussere als innere Bewegung, wie zu andern Zeiten. Die Bogen können groß und breit seyn, die Materie kann sowol dünne als auch häufig beysammen seyn, es hat auch seine ordi¬ naire Lage am Himmel, so daß nichts mangelt, als nur das Licht. Nun kann es 2. bis 3. Abende nacheinander und noch länger so dun¬ kel seyn, daß man denken sollte, die niedrige Luft möchte mit solchen Dünsten erfüllet seyn, die nicht zuliessen, das Licht durchzuscheinen; aber die Luft kann zur selbigen Zeit so helle seyn, daß sich sogar die kleinesten Sterne, die mit den Au¬ gen können gesehen werden, auf das deutlichste zeigen. Es kann auch in einem und demselben Abend anfänglich dunkel seyn, hernacher aber ganz helle werden, oder auch im Anfange ganz ---16/104--- helle seyn, und hernacher dunkel werden; ja bisweilen kann es auf der westlichen Seite am Himmel dunkel seyn, und auf der östlichen hel¬ le da ich sonsten keine andere Veränderung in der Luft verspühret habe, als daß ich da zum öftern etliche Wolken neben dem Horizonte ge¬ sehen habe in Nordwesten. §. 25. Es ist nicht alles Nordlicht gleich hoch am Himmel, welches daraus zu sehen ist, daß das eine das andere bedeckt. Ja das oberste kann eine ganz unterschiedliche Lage von dem untersten haben, so daß, wenn das unterste mit seinen Bogen von Osten gegen Westen liegt, kann das oberste von Norden gegen Süden lie¬ gen, und haben sie auch allebeyde ihre diverse äusserliche Bewegung, welche oft contrair ist; allebeyde haben Licht und Schein, doch ist stets das oberste dünner und die Materie darinnen weit mehr zerstreuet, als in dem untersten. Obschon dieß alles beysammen nur sehr selten zu sehen. Um welche Jahrzeit sich das Nord¬ licht am meisten zeiget. §. 26. Es ist gar keine gewisse Jahrzeit, da sich das Nordlicht eigentlich mehr zeiget als die andere. Denn, so bald als die Nacht nur dunkel wird, daß das Sonnenlicht ihm seinen Schein nicht benimmt, lässet es sich gleich se¬ hen. Eben dasselbe haben auch vorhin Mus¬ senbroek und andere observiret. ---17/104--- §. 27. Doch besinne ich mich, zum öftern es am hellesten und mit den meist lebhaften Farben gesehen zu haben um die Herbstzeit im Septem¬ ber und October, wozu keine andere Ursache seyn kann als diese, daß um solche Zeit die Nacht schon hinzulänglich dunkel ist. Es ist aber auch um diese Zeit zum öftesten noch kein Schnee überall gefallen; denn wenn das ganze Land mit Schnee bedeckt ist, zeigt sich das Nordlicht allezeit blasser und dessen Coleuren weniger leb¬ haft, weil die Weisse des Schnees so viel Licht von sich giebt, daß auch sogar die allerdunkelste Nacht etwas helle scheint, derowegen muß denn das eine Licht das andere schwächen; dahin¬ gegen aber ums Frühjahr liegt der Schnee mei¬ stens überall in diesen Gegenden so lange, bis die Nacht so helle wird, daß das Nordlicht nicht mehr kann gesehen werden. Eben so ist es auch, wenn der Mond helle scheint, daß das Nordlicht scheint vieles von seiner Klarheit zu verliehren; dahingegen, wenn der Mond nicht da ist, scheinet es weit heller, welches auch ist ange¬ merkt worden in der oberwähnten alten Schrift, geschrieben in Grönland vom Nordlicht. Um welche Zeit der Nacht sich das Nordlicht zeiget. §. 28. Es ist auch keine gewise Zeit der Nacht, daß sich das Nordlicht mehr zeigen sollte als die andere, wenn nur die Sonne tief genug unter dem Horizonte ist. Bisweilen scheinet es die ---18/104--- ganze Nacht durch, bisweilen nur eine Weile, nachdem der Abend angefangen, und hernacher nicht weiter; bisweilen wird es nicht gesehen, als gegen Mitternachtzeit; bisweilen nicht, als gegen die Morgenzeit; bisweilen hat es helles Licht und Coleuren eine Weile, und wird her¬ nacher dunkler; (wie oben gemeldet §. 24.) §. 29. Doch wird man selten finden, daß das Nordlicht gleich helle und völlig ist die gan¬ ze Nacht durch, ob es schon stets zu sehen ist, sondern ist allezeit eine Zeit in der Nacht, da es abnimmt, obwol diese Zeit ungewiß ist; wenn es gleich des Abends helle ist und sich häufig zei¬ get, nimmt es gemeiniglich zu Mitternachtzeit ab, kann aber doch gleichermassen gegen die Mor¬ genzeit wiederkommen. §. 30. Wenn das helle Wetter lange und be¬ ständig anhält mit klarer Luft, und das Nord¬ licht sich alle Abende zeiget, habe ich zum öftern observiret, daß es gemeiniglich eine Stunde spä¬ ter kömmt den folgenden als am vorigen Abend. Ich sage mit Fleiß zum öftern, weil ich es für keine beständige Regel ausgebe; am wenigsten, wenn es gegen die Zeit ist, daß sich das Wet¬ ter bald verändern will. §. 31. Nebst dem habe ich auch zum öftern observirt, daß, wenn die Materie des Nordlichts häufig beysammen ist, wird sie allezeit dünner und mehr zerstreuet, wenn der Mond seinen Lauf anfängt von Osten gegen Süden, oder von Westen gegen Norden, nemlich um die ---19/104--- Zeit, da das Meer seine Ebbe gehabt, und die Fluth anfängt zu kommen; dahingegen, wo¬ fern die Materie vorher dünne und zerstreuet ist, kann sich das Nordlicht um diese Zeiten ganz verliehren. Hingegen wird die Materie dicker gesammlet, wenn der Mond von Süden gegen Westen, oder von Norden gegen Osten gehet, er mag neu oder voll seyn. Erheben sich aber zwey contraire Winde in der Luft, da denn das Wetter gemeiniglich stille ist an dem Orte, der dazwischen liegt, so ist dieses keine zuverläßige Re¬ gel; wenn aber ein Gleichgewicht zwischen zwey widrigen Winden in der Luft ist, welches hiesi¬ ges Orts sehr oft zwischen östlich und westlich Wetter eintritt, so ist gemeiniglich das Nord¬ licht am beständigsten und häufigsten zu sehen. An was für einem Orte des Him¬ mels sich das Nordlicht besonders zeiget. §. 32. Dessen rechte und ordinaire Lage ist gemeiniglich auf dem nordlichen Haemisphaerio gleich bis an Zenith. Neben dem Hortzonte, gerade in Norden, wird es selten näher gesehen als auf 10. oder 12. Graden; in Nordosten aber, als auch in Osten und Westen kann es dem Horizonte näher kommen, ob es schon schwerlich jemals gesehen wird dicht am Hori¬ zonte. §. 33. Das höchste, so ich über dem Zenith auf dem südlichen Haemisphaerio gesehen habe, ---20/104--- ist 40. Grade gewesen, welches doch sehr selten ist, und muß denn die Materie sehr häufig ge¬ sammlet seyn, so daß sie fast alle kleine Sterne bedecket; derowegen ist die erste, und noch we¬ niger die andere Art niemals zu sehen südseits dem Zenith, wohl aber die dritte. §. 34. Zwischen 30. und 45. Graden über den Horizont zu rechnen in Norden, wo sich das Nordlicht von der ersten Art am deutlich¬ sten zeiget, (wie oben gesagt §. 17.) da ist auch an den hiesigen Orten das meiste Nordlicht al¬ lezeit zu sehen, da zeiget es sich gemeiniglich am ersten und dauret am längsten, es mag seyn von was für einer Sorte es will; ja, oft wird das Nordlicht daselbst gesehen, wenn es sonst an kei¬ nem andern Orte des Himmels zu sehen ist, und hat es auch gemeiniglich hier sein größtes Licht und Klarheit. §. 35. Wenn das Nordlicht von der ersten Art ist, daß die Bogen gerade gegen Norden stehen, daß die Materie nur mittelmäßig dicke gesammlet ist, und derohalben seine rechte Re¬ genbogencoleuren hat, da denn dessen äusserli¬ che Bewegung gemeiniglich von Norden gegen Süden ist. (ut §. 17.) Je näher es alsdann dem Zenith kömmt, je mehr verliehrt es sowol das Licht als die Coleuren; sobald es aber zum Zenith kömmt, wird es nur wie ein dünner Rauch, und zeigt sich nicht anders, als wie sich sonst die Milchstrasse am Himmel praesentiret; so bald es aber etliche Graden dem Zenith vor¬ ---21/104--- bey gekommen, ist es gar nicht mehr zu sehen. Doch zweifle ich nicht daran, daß diejenigen, die da weiter gegen Süden wohnen, denen die¬ se Bogen noch nordseits ihrem Zenith sind, daß sie ja noch sowol Licht als Coleuren sehen in den¬ selben Bogen; dahingegen aber ist es das Nordlicht von der dritten Sorte, kann es den¬ noch über den Zenith bisweilen seine Klarheit be¬ halten, obschon nicht allemal. §. 36. Wenn das Nordlicht von der dritten Art ist, daß die Materie dicke gesammlet, da es noch bisweilen Coleuren haben kann, besonders die rothe in dem untersten Rande, (denn der oberste, welcher gegen Süden kehret, ist allezeit meistens dunkel und hat keine Coleuren) so kön¬ nen noch etliche Farben gesehen werden, bis daß es am Zenith kömmt, obschon weit weniger und undeutlicher, als wenn es nordseits dem Zenith ist. Wenn es aber über den Zenith gekom¬ men, können noch wol Farben gesehen werden, (obschon sehr selten) nur aber wie tropfenweise und ohne einige Ordnung, so daß man in einer halben Secunde wol 2. bis 3. Coleuren in sel¬ bem Puncte kann spielen sehen. Die Coleu¬ ren hangen auch dann nicht länger just am un¬ tersten Rande, sondern zeigen sich hie und da mitten darinnen. §. 37. Wenn zwey Personen an diversen Orten nur auf eine Distanz von 3. bis 4. Mei¬ len die Lage der Nordlichts observiren und auf¬ zeichnen wollen, als auch dessen Ort, Licht und ---22/104--- Coleuren, so weit als möglich ist, bey einem und denselben Uhrschlage, werden sie selten im ge¬ ringsten miteinander übereinkommen; woraus leicht zu sehen, daß es sich eben wie der Regen¬ bogen, anders praesentiret, nach einem jeden Orte, den man verändert, so daß es deßwegen eine vergebliche Arbeit wäre, von zweyen diver¬ sen Orten ihre Parallaxin und Höhe über der Er¬ den suchen zu wollen, weil es kaum jemals das¬ selbe Nordlicht ist, welches von zweyen diversen Orten von einiger bedeutlichen Distance gesehen wird, und dieses haben sowol Halley als Maral¬ dus vorhin observiret. §. 38. Allerley Wolken, auch gar die ober¬ sten und dünnesten bedecken uns das Nordlicht, so daß es stets oberhalb denselben ist. Dahin¬ gegen, ob es schon hier was rares ist, daß sich die Wolken so tief in die Athmosphaera hinun¬ ter senken, daß sie die hohen Gebürge bedecken, so wird man doch nimmer gewahr werden, daß das Nordlicht so weit hinunter kömmt, daß auch die höchsten Gebürge dadurch könnten gesehen werden, da man doch oft siehet, daß dieses mit dem Blitz und andern feurigen Lufterscheinun¬ gen geschicht. §. 39. Der erste Ort, wo sich das Nord¬ licht des Abends zeiget, ist Nordosten, und der letzte, wo es früh Morgens gesehen wird, ist Nordwesten, wozu die Ursache leicht zu finden, denn das Sonnenlicht verläßt erst das östliche ---23/104--- Haemisphaerium, und erleuchtet am letzten das westliche. §. 40. Weil das Nordlicht beständig eine äusserliche Bewegung hat und zu einem gewis¬ sen Orte hinziehet, so kann es sich mannichmal in einem Abend zutragen, daß neue Bogen und Strahlen an demselben Orte entstehen, wo die vorigen gewesen sind. (§. 16.) §. 41. Obschon nun aber das Nordlicht, wie oben gemeldet, sowol hier als an andern Orten, wo es bishero sich gezeiget, stets an dem west¬ lichen Haemisphaerio ist gesehen worden, so hat es doch eine ganz contraire Bewandniß in Grön¬ land, wo es beständig gegen Süden gesehen wird. Hievon habe ich zuverläßige Nachricht von ei¬ nem in Mathematicis sehr wohl versirten und in Physicis sehr curieusen Manne, Herrn Andrea Bing, welcher etliche Jahre als Missionarius in Grönland gewesen. Seine Observationes da¬ von, so weit als er sich daran besinnen konnte, waren folgende, daß auf der dänischen Colonie, Christianshaab genannt, wurde das Nord¬ licht nimmer in Norden gesehen, sondern immer in Süden, und erinnert er sich, es niemals hö¬ her am Himmel gesehen zu haben, als etwann 23. Graden über den Horizont. Aber auf der Colonie der guten Hofnung, welche 5. Gra¬ den südlicher liegt, wurde es höher gesehen, doch allezeit in Süden nimmer nordwärts dem Ze¬ nith, wol aber nahe gegen den Zenith, und wenn es in einem regulairen Bogen stunde, (da es son¬ ---24/104--- der Zweifel eben das von der ersten Art gewe¬ sen, so vorher beschrieben,) rührte der Gipfel vom Bogen ordinair an die Brust des Schwa¬ nes, wenn er im meridian stunde. Bey was für einer Witterung sich das Nordlicht am meisten zeiget. §. 42. Obschon sich das Nordlicht meistens allezeit und am deutlichsten im hellen ostlichen und nordlichen Wetter zeiget, so geschicht es doch, und zwar sehr oft, daß es auch, wenn Wolken am Himmel sind, gesehen wird; ja so gar, wenn der Himmel ganz und gar mit Wolken überzogen ist, daß das Nordlicht nicht kann gesehen werden, kann es doch oberhalb den Wolken seyn, welches man zufälliger Wei¬ se hat observiren können, wenn die Wolken bisweilen hernacher sind getrennet worden; denn oftmals des Winters, wenn kein Mond¬ schein und der Himmel so überzogen ist, daß keine Sterne können gesehen werden, auch kein Schnee aufm Felde liegt, welcher sonst etwas Licht geben könnte, so kann es doch die Nacht ziemlich helle seyn, nur deßwegen, weil doch das Nordlicht einigen Schein durch die Wolken giebt. Ja, ich erinnere mich, daß bisweilen die Nacht stockfinster gewesen ist, und der Him¬ mel mit so dicken Wolken überzogen, daß we¬ der die Sterne noch das Nordlicht hat durch¬ scheinen können, doch ist es in einem Augen¬ blick ziemlich helle worden, wenn die Wolken ---25/104--- auf ein gar kleines Spatium plötzlich sind getren¬ net worden, da das Nordlicht gerade darüber gewesen und durchgeschienen. §. 43. Es ist ebenfalls ganz ungewiß, wenn man wollte das Wetter observiren, um voraus zu wissen, wenn das Nordlicht kommen solle, oder das Wetter observiren, welches darauf kömmt, um zu wissen, ob es einige Verände¬ rung in der Luft verursachen möchte, wie einige an andern Orten sich damit sehr bemühet ha¬ ben; denn hierinnen ist gar keine Gewißheit, ausgenommen nur folgende Observationes, die ich nach genauer Anmerkung einer langen Zeit gefunden habe. §. 44. Nordlich und ostlich helles Wetter, welches gemeiniglich mit einiger Kälte vergesell¬ schafftet ist, muß entweder bis an die Zeit ge¬ wesen seyn, oder auch da anfangen, wenn sich das Nordlicht soll sehen lassen. Doch kann es sich zutragen, obschon selten, daß, wenn das westliche Wetter, womit ordinair dicke Luft ver¬ knüpft ist, auf eine Zeit von einem oder zwey Tagen mit einer Lufthellung aufhöret und der Himmel helle wird, daß das Nordlicht, obschon ganz dunkel, sich auf eine kurze Zeit kann sehen lassen, da doch sowol vor als nach der Zeit süd¬ lich und westlich Wetter seyn kann, welches doch nur selten geschicht. §. 45. Doch folget nicht absolut, daß, wenn das Wetter helle ist, daß sich dann unumgäng¬ lich das Nordlicht zeigen soll, denn es kann bis¬ ---26/104--- weilen überall heller Himmel seyn, das Wetter nordlich, ostlich und kalt, und alle Umstände in der Luft solchergestalt seyn, wie sie erfordert werden, wenn es sich zeigen sollte, und nichts desto weniger bleibt es weg, welches doch nicht oft eintrift, und da ist gemeiniglich eine solche Veränderung im Wetter zu vermuthen; wo¬ von gleich unten folgen wird. §. 46. Bevor das Nordlicht kömmt, kann allerley Wetter seyn ohne einigen Unterscheid; nachdem sich aber das Nordlicht gezeigt hat, kann auch allerley Wetter kommen, ausgenom¬ men nordwest. Und diese Observation ist mir noch niemals fehlgeschlagen, so lange, als ich aufs Nordlicht Achtung gegeben habe. Da¬ mit aber, wofern jemand auf eben dasselbe in andern weit entfernten Orten Achtung geben wollte, und vielleicht an dem Orte es ganz an¬ ders befinden möchte, damit, sage ich, niemand an die Richtigkeit dieser Observation sowol als den Beweis, den ich daraus hernacher zu zie¬ hen willens bin, zweifeln möchte, achte ichs nö¬ thig, diese Art vom Winde zu beschreiben, wie er an hiesigen Orten beschaffen ist. Der Nord¬ westwind kömmt hier zu uns über die grosse Nordsee, und bringt deßwegen beständig ent¬ weder kaltes Regenwetter oder Schnee mit sich; er gehet wol auch bisweilen hier des Sommers, doch aber wehet er meistentheils des Winters mit einer continuirlich dicken Luft und Schnee, so daß die meiste und größte Menge Schnee, die ---27/104--- hier fällt, mit demselben Winde kömmt. Er kann soft ganzer 2. bis 3. Wochen anhalten in eins fort; er kann aber ohne dieß oft im Welt¬ meere lange, ja wol etliche Wochen, blasen ehe er hieher zu uns kömmt übers Land, wel¬ ches man nicht allein bey Gelegenheit verneh¬ men kann von denen Schiffern, die mittlerweile vom Meere hineinkommen, sondern man kann ihn auch sogar neben dem Horizonte sehen in Nordwesten, wie er da ganz dicke und voller Schnee stehet, wovon die hiesigen Einwohner sagen, daß der Schneehügel im Meere stehet; aber der kalte Ostwind, welcher continuirlich vom Lande des Winters herauswehet, hält ihn oft lange zurücke, so daß der dicke Schneenebel, welchen er mit sich bringt, oft viele Grade zum Horizonte hinaufsteigen kann, muß aber immer wieder zurückgehen, bis er denn endlich den Ost¬ wind überwältigen kann und also einbrechen. Alles dieses habe ich deßwegen nöthig erachtet anzuführen, weil ein und derselbe Wind nicht von eben derselben Eigenschaft ist an unterschie¬ denen Orten; als zum Exempel, der Ostwind bringt allezeit trockenes und helles Wetter mit sich hier in der nordlichen und westlichen Ge¬ gend von Norwegen, wo er zu uns kömmt übers Land und den grossen Gebürgen; in den süd¬ lichen Provinzien aber von Norwegen, wo er zu ihnen kömmt über die Ostsee, bringt er stets Regen mit sich. Und dieses ist vorhin aus der Physic bekannt, daß der Wind die Eigenschaft ---28/104--- annimmt von den Orten, woüber er wehet. Gleichermassen kann auch ein Wind durch ei¬ ne besondere Strecke des Landes, wo er anpral¬ let, umgedrehet und zu einer andern Sorte des Windes sich verwandeln, als er anfänglich ge¬ wesen. Als zum Exenipel, hier im drontheimi¬ schen Meerbusen in Norwegen kann oft des Winters Süd= und Südwestwind mit Regen und mit vermischten Schnee und Regen wehen, welcher doch im Meere nichts anders ist als Nordwest, der da gegen die Ecke vom Lande anstößt, welche man Staet nennet; hernacher gehet er neben den hohen Gebürgen nordwerts hin. Also kann diese meine Observation nicht gelten, als nur allein an den Orten, wo der Nordwestwind gerade vom Meere hineinkömmt und dicke Luft und Schnee mit sich bringt. §. 47. So lange man solchergestalt aus dem dicken Schneenebel neben dem Horizonte ab¬ nehmen kann, daß der Nordwestwind im Mee¬ re ist, wird man vergebens das Nordlicht ver¬ muthen, obschon das übrige vom Himmel noch ganz helle ist, und der Ostwind vom Lande her¬ auswehet; weit weniger wird man es gewahr werden, wenn der Nordwestwind schon da ist, da doch dieses gar füglich geschehen möchte, wenn sonst das Nordlicht am Himmel wäre, alldie¬ weil der Nordwestwind niemals solche Wolken mit sich bringt, die mit einmal den ganzen Him¬ mel lange bedecken, wie es der südliche und west¬ liche Wind thun können, sondern dieser gehet ---29/104--- stets in Boyen, welche nur eine kleine Weile dauren; (Boyen heißt man, wenn der Wind eine halbe Stunde mehr oder weniger sehr stark wehet mit Regen, Schnee oder Hagel, hört aber mit einmal eine kleine Weile auf, und wird mit aufgeklärter Luft ganz stille, bis er wieder eben so stark anfängt, da denn mittlerweile der mei¬ ste Theil vom Himmel ganz helle seyn kann ei¬ ne ganze Stunde. So bald aber, als das Nordlicht anfängt zwischen diesen nordwestli¬ chen Wolken sich sehen zu lassen, da das Wet¬ ter doch das Ansehen hat, als wenn es noch ei¬ ne Weile anhalten wollte, kann man, dessen ohngeachtet, ganz gewiß daran versichert seyn, daß dieses Wetter im Meere schon abgenom¬ men, und der folgende Tag hell und gut wird. Und so bald als das Nordlicht erblicket wird, fängt der Wind an nordlich und nordost zu werden, welches gemeiniglich der Beschluß ist von einem lange anhaltenden Nordwestwind, obschon denn noch in einer Zeit von einem Ta¬ ge etliche wenige Schneewolken längs neben der Meerseite gehen können, die sich doch bald ver¬ mindern; also daß man keine Zeit mit grösse¬ rer Gewißheit voraus sagen kann, wenn sich das Nordlicht zeigen wird, als wenn der Nord¬ westwind lange geraset hat, und anfängt ab¬ zunehmen. §. 48. Hieraus siehet man denn, daß eine Weile, bevor der Nordwestwind kommen will, das Nordlicht nicht zu sehen ist. Dahingegen ---30/104--- kann es sich zeigen gegen die Zeit, da das süd¬ liche und südwestliche Wetter kommen will, bis daß es wirklich da ist, und das Nordlicht mit seinen Wolken bedecket; wenn aber das südli¬ che und westliche Wetter etliche Tage gewähret hat, pflegt es sich zu nordwest herumzudrehen, da denn das Nordlicht gleich wieder weg ist. §. 49. Hieraus erhellet denn, daß kein Wet¬ ter das Nordlicht hindern kann, daß es sich nicht zeigen sollte, ausgenommen nordwest. Ja, ich habe oft in einer Zeit von einem Tage einen dicken Nebel neben dem Meere in Nord¬ westen wahrgenommen, welcher schiene der soge¬ nannte Schneehügel zu seyn, (§. 46.) oder Vor¬ bothe vor dem Nordwestwind, und doch des Abends das Nordlicht gesehen, so daß ich da¬ hero angefangen habe zu zweifeln, mehr als ein¬ mal, an der Richtigkeit dieser Observation; aber es ist denn nimmer Nordwestwind darauf gefolgt, sondern es ist stets befunden worden, daß es nur ein blosser Nebel gewesen, der oft aus dem Meere neben der Landseite sich hinauf¬ ziehet, welcher hernacher von selbsten vergehet, und keine weitere Folgen hat. §. 50. Ob nun schon das Nordlicht an sich keine gewisse zukünftige Witterung voraus ver¬ kündiget, dennoch kann man von dessen äusser¬ lichen Bewegung voraus sagen, woher das Wetter blasen will in den folgenden Tagen, weil es stets gegen das zukünftige Wetter zie¬ het. (§. 8.) Es ist aber bisweilen sehr schwer ---31/104--- zu observiren; denn wo die Materie häufig ist, und dessen äusserliche Bewegung etwas stark, so gehet es gar wohl an, daß man sehen kann, wo es hinziehet; ist aber die äussere Bewegung langsam, und die Materie dünne gesammlet, kann man leicht betrogen werden, denn durch die innere schnelle Bewegung breitet sich das Nordlicht aus nach unterschiedenen Seiten hin, daß es oft scheint zurückzugehen, und binnen der Zeit, daß man recht inne werden kann, wo die ganze Massa hinziehet, kann der Bogen auf den man Achtung giebt, ganz vergehen. welches desto eher geschicht, wenn die Materie dünne ist, da denn auch gemeiniglich die innere Bewegung am stärksten sich zeiget. (§. 11.) §. 51. Hierbey muß auch folgendes noth¬ wendig angeführet werden, weil es zum grossen Theile deutlich macht, was das Nordlicht ei¬ gentlich seye. Es werden bisweilen am Him¬ mel eine Art dünner Wolken, oder vielmehr Dünste wahrgenommen, welche in dem ober¬ sten Theil der Athmosphaera hangen, und an den Himmel in unterschiedenen Lagen nach ein¬ ander liegen, als auch in Striemen, Bogen und Wirbeln, haben auch in allen Stücken eben dieselbe Gestalt, und verfahren als wie das Nordlicht, und sind an sich auch eben das¬ selbe. Denn ich habe auf sie sehr oft, von Tage an bis auf den Abend genau Achtung gegeben, da denn eben diese Bogen und Strie¬ men den rechten Schein des Nordlichts bekom¬ ---32/104--- men haben, sobald die Sonne heruntergegan¬ gen, und es dunkel wurde; sie haben auch ei¬ nigermassen, wenn die Bewegung nicht zu stark gewesen, ihre vorige Gestalt behalten, und eben dahin gezogen, wie sie vorhin gethan. §. 52. Diese Art Dünste am Himmel heißt der gemeine Mann hier Bleiche, (pallor) weil sie die Luft und den Schein der Sonne bleich, blaß und dunkel macht, woraus sie auch ihre Anzeichen vom zukünftigen Wetter nehmen und habe ich von allen prognostischen Merk¬ mahlen, so sie sich aus langer Erfahrung hie¬ figes Orts gesammlet haben, keines sicherer ge¬ funden, als wie dieses, weil diese sogenannte Bleiche beständig gegen das zukünftige Wetter ziehet, so daß, wenn so eine Bleiche in Osten hinaufkömmt und gehet nach Westen hin, fol¬ get ohnfehlbar westlich Wetter und Regen da¬ hinter; ziehet sie aber von Westen und gehet nach Osten gegen das Land zu, kömmt immer helles östliches Wetter darauf. Es ist auch weit leichter beym Tage zu observiren, wo diese Dünste hinziehen, denn da zeiget sich nichts als nur diejenigen Theile davon, wo die Ma¬ terie häufig gesammlet und die innere Bewe¬ gung kaum merklich ist. Sobald sie aber auf den Abend Licht bekommen, kommen auch die dünnen Theile dieser Dünste auf allen Seiten zum Vorschein, worinne sich die stärkste inne¬ re Bewegung zeiget; (§. 11.) weßwegen sie durch sein mannigfaltiges Flattern und Ausbrei¬ ---33/104--- tung zu allen Seiten scheinen sowol vor= als hinterwerts zu gehen. (§. 50.) Dahingegen ha¬ be ich allezeit von denjenigen gehört, die da pfle¬ gen Achtung darauf zu geben, daß die Nord¬ bleiche, wenn sie gerade von Norden hinauf¬ ziehet, nichts sonderliches zu bedeuten hat, und folgt nicht nothwendig, ob es schon bisweilen geschicht, daß darauf Südwind kommen solle, wozu ich auch einigermassen gedenke Raison ge¬ ben zu können, wofern es eigentlich zu meinem gegenwärtigen Vorhaben gehörte und nicht zu weitläuftig auszuführen wäre. §. 53. Durch dergleichen Nordbleiche kömmt gemeiniglich das Nordlicht von der ersten Art zum Vorschein, wenn nur die Materie nicht zu häufig zusammen ist, denn dadurch, daß sie von Norden hinaufziehet, bekommen die Bogen ih¬ re rechte Lage, nemlich, daß ihr Centrum eini¬ germassen gerade in Norden zu stehen kömmt. (§. 13.) §. 54. Ohne dies, das ich deutlich und un¬ widerstrittig observirt habe, daß diese Dünste eben dasselbe sind, woraus des Abends Nord¬ licht wird, welches Mussenbrock auch vorher befunden hat, so haben sie auch folgendes ge¬ meinschaftlich mit dem Nordlichte: 1) daß sie in unterschiedenen Lagen, Bogen, Striemen und Wirbeln über den Himmel liegen; 2) daß sie von allerley Wolken bedeckt werden, bede¬ cken uns aber niemals die Wolken, so daß sie immer über ihnen sind; 3) daß sie stets gegen ---34/104--- die niedrigsten Wolken oder das zukünftige Wet¬ ter ziehen; 4) daß mittlerweile, da sie so ihren Ort verändern, ändern sie auch ihre Gestalten und Figuren; 5) daß sie an einem Orte verge¬ hen, und an einem andern, wo sich nichts vor¬ her gezeigt, wieder hervorkommen können. §. 55. Dahingegen scheinen sie darinn nicht übereinzustimmen, 1) daß man in diesen Dün¬ sten nichts von einer innerlichen Bewegung ver¬ spühren kann, wie im Nordlichte; aber darü¬ ber ist nicht zu wundern: Denn wenn das Nordlicht des Abends, welches bisweilen ge¬ schicht, dunkel ist, (§. 24.) siehet man auch gar keine Bewegung darinnen, und es ist leicht zu schliessen, daß das schwächere Licht, wovon das Nordlicht des Nachts seinen Schein hat, des Tags von dem Sonnenlichte gehindert wird, daß dessen Partickelgen, wie sie bewegt werden, nicht zu sehen sind. Ob ich schon nicht läug¬ nen kann, daß mir bey gewisser Art von Wit¬ terung wenn die Sonne nicht helle geschienen, vorgekommen, als sähe ich eine kennbare Be¬ wegung darinnen, als auch, daß sie Strahlen an den Seiten geschossen haben, obschon nicht mit der Geschwindigkeit, wie sonsten. 2) Schei¬ nen diese Dünste nicht mit dem Nordlichte dar¬ inn übereinzukommen, daß, da das Nordlicht nicht weit über den Zenith auf dem südlichen Haemisphaerio sich zeiget, so sind dahingegen diese Dünste überall zu sehen; diese Unähnlich¬ keit aber fällt von sich selbsten weg, wenn ich ---35/104--- hernacher demonstriren werde, woher das Nord¬ licht seinen Schein hat. §. 56. Hiebey aber ist in Acht zu nehmen, daß diese Dünste, so des Tags vorher können gesehen werden, zwar können des Abends Licht bekommen, werden aber schwerlich jemals mit Farben gesehen, und wird denn gemeiniglich daraus die dritte Art vom Nordlicht, welches ich angeführet habe §. 20. Die Ursache kann keine andere seyn, als diese, daß, wenn diese Dünste sollen des Tags sichtbar werden, muß die Materie häufig gesammlet seyn, da sie denn ungeschickt ist, Coleuren hervorzubringen und hellen Schein zu geben; doch können zwischen diesen Bogen andere oberhalb derselben seyn, welche von dünnerer Materie sind, und deßwe¬ gen Farben zeigen können, welche man auch deßhalben nicht hat sehen können, so lange das Tageslicht gedauert hat. §. 57. Hieraus ist leicht zu schliessen, daß oft des Abends Nordlicht werden kann, da gar keine solche Dünste des Tages zu sehen gewe¬ sen, und dann zeigt sich das Nordlicht gemei¬ niglich am hellesten, am flüchtigsten und mit Farben; denn wenn die Materie zu dünne ist, daß sie deßwegen des Tags nicht in die Augen fallen könnte, so ist sie am geschicktesten, die Licht¬ strahlen zu refringiren und Coleuren zu geben. Bisweilen können auch solche Dünste des Tags gesehen werden am Himmel, und doch kömmt kein Nordlicht des Abends, entweder, weil die ---36/104--- Dünste mittlerweile können zerstreuet werden, oder, weil sie so tief in die Luft hinunter gesenkt werden, daß das Licht sie nicht weiter errei¬ chen kann, oder daß das Licht, welches sie ha¬ ben sollten, auf eine andere Art kann gehindert werden; wovon weiter unten. §. 58. Ohne dies, das ich so oft observiret habe, daß diese Dünste, die des Tags am Him¬ mel stehen, sind bisweilen des Abends Nord¬ licht worden, so habe ich neben dem nicht sel¬ ten das Nordlicht des Nachts observirt, und daß die Materie allmählich zufälliger Weise ist häufiger gesammlet worden gegen die Morgen¬ zeit, da ich deutlich dieselbe Bogen gesehen noch am Himmel stehen, und daß sie kurz vorher, ehe die Sonne aufgegangen, die Farbe der Morgenröthe angenommen haben, ob sie schon an dem westlichen Haemisphaerio gestanden, aber da ist die Materie sehr dicke gesammlet worden. §. 59. Jch muß auch anführen, daß ich ein¬ mal ohngefehr folgendes observirt habe: Des Abends fieng das Nordlicht an, sich auf die ordinaire Art zu zeigen, und nahm hernacher mehr und mehr zu; weiter auf den Abend oder in die Nacht hinein fieng es an, viel von seiner Klarheit zu verliehren, weil die Materie häu¬ fig wurde, und folglich ungeschickt, das Licht durchscheinen zu lassen. Des Morgens frühe war dieselbe Materie so häufig, daß man fast keine Lage oder Unterschied mehr darinn sehen ---37/104--- konnte, denn der Himmel war ganz egal bedeckt. Darnach des Vormittags erschien die Sonne ganz dunkel mit einem Ring rund herum; des Nachmittags waren diese Dünste noch dicker, und fiengen an, als wie Falten oder gewisse La¬ gen wiederum zu formiren, so daß sie an eini¬ gen Orten dicker zu seyn schienen, als an an¬ dern, ob sie schon noch nicht so getrennet wur¬ den, daß der Himmel irgendswo helle dazwi¬ schen erblickt wurde, und wurden damals des Nachmittags zwey Nebensonnen gegen We¬ sten gesehen. §. 60. Hieraus scheint denn inferirt werden zu können, daß diese Art Dünste, wenn sie dünne und in der obersten Luft zerstreuet sind, nicht im Stande sind, die Sonnenstrahlen zu brechen, als die da stärker sind, wol aber das schwache Licht, wovon das Nordlicht des Nachts seinen Schein hat; dahingegen aber, wenn sie dicke zusammen coagulirt werden, hin¬ dern sie das schwächere Licht, durchzuscheinen, sind aber dennoch im Stande, die Sonnenstrah¬ len zu brechen, und dadurch solche Phaenomena zu produciren, als Nebensonnen und den Hof um die Sonne. §. 61. Der Unterscheid zwischen diesen Dün¬ sten und denjenigen, die sonsten producirt wer¬ den in der niedrigen Luft, scheint kein anderer zu seyn, als dieser, daß sie aus besonders dün¬ nen, sehr auseinandergesetzten und leichten Par¬ tickelgen bestehen, die wegen ihrer Leichtigkeit ---38/104--- stets in dem obersten Theil vom Athmosphaera schwimmen, und folglich müssen mehr rarefactae und pellucidae seyn, als der grobe regnichte Nebel, der sich in der niedrigen Luft aufhält. Wenn sie nun aber durch gewisse Umstände, vielleicht durch zwey contraire Bewegungen, in der Luft werden zusammengetrieben werden, und die niedrigste Luft um diese Zeit so leichte ist, daß sie, Kraft ihrer Schwere, sich weiter hinuntersenken können, produciren sie solche Phaenomena, wie gemeldet; weil aber beson¬ dere Umstände dazu erfordert werden, daß die¬ se leichte Dünste so dick sollen zusammengetrie¬ ben werden und denn in die niedrige Luft hin¬ untersinken, so ist kein Wunder, daß diese Phae¬ nomena sehr selten zu sehen sind. §. 62. Jch finde sonsten, daß Burmann. in Act. lit. Svec. p. 565. & Hausson. Tract. Germ. de auror. boreal. vorgegeben, als wenn sie bis¬ weilen bey der Bewegung des Nordlichts ge¬ höret hätten ein sachtes Sausen in der Luft. Ich will gar nicht negiren, was andere vorge¬ ben befunden zu haben; mir aber ist es nim¬ mer geschehen, ich mochte so genaue Achtung darauf geben, als ich wollte, ob ich schon un¬ ter vielen andern ein ziemlich scharffes Gehör habe. Dahingegen habe ich befunden, daß, wenn man es lange und steif angeguckt, wenn dessen Flattern und Bewegung am stärksten ist, kann man sich es leicht imaginiren, daß so ein Sausen mit einer starken Bewegung ver¬ ---39/104--- gesellschaftet ist, besonders, wenn man gehört hat, daß es ein anderer vorher vorgegeben hat; gestehe aber dabey, daß ich zu andern Zeiten, auch des Tages bey hellen Himmel und ganz stillen Wetter, bisweilen gehört habe ein sach¬ tes Sausen in der Luft, wozu ich gar keine Ur¬ sache gefunden habe, weil kein Wind darauf gefolget ist. §. 63. Dieses ist es denn, was ich lange Zeit gesammlet und annotirt habe vom Nord¬ lichte, so, wie es sich hier zeiget und nöthig ge¬ funden aufzuzeichnen. Was von wenigerer Wichtigkeit seyn möchte, habe ich mit Fleiß vorbeygegangen. Ich gestehe zwar, daß etli¬ che Dinge meinem Gedächtniß können entfal¬ len seyn, weil ich nicht allezeit Gelegenheit ge¬ habt habe, es gleich zu annotiren; dieselbe sind aber doch nur Kleinigkeiten. Ich will dann hierauf versuchen, was aus diesen Obser¬ vationibus und aus andern hinlänglichen Grün¬ den mit einiger Gewißheit vom Nordlichte und dessen Beschaffenheit kann geschlossen werden. Das Nordlicht hat seinen Ort in unserer Athmosphaera, und nicht über dieselbe. 1. Wofern das Nordlicht über unsere Athmo¬ sphaera seinen Ort hätte, müßte es we¬ gen ihrer Höhe überall können gesehen werden, ---40/104--- eben sowol unter der Linie als in den nordli¬ chen Ländern, welches doch befunden worden, nicht so zu seyn. 2. Wo das Nordlicht in Aethere caelesti be¬ findlich wäre, müßte es sich entweder an einem gewissen Ort aufhalten, oder überall seyn. Ist es an einem gewissen Orte, so müßte es wegen der jährlichen Bewegung des Erdbodens bald nä¬ her an die Erdkugel kommen, bald weiter von ihr entfernet werden. Ist es überall in aethere, müßte es überall auf der Erden können gesehen werden. Beyde Dinge werden ganz anders befunden. 3. Wenn das Nordlicht über unsere Ath¬ mosphaera wäre, und keine Connexion mit un¬ serer Erdkugel hätte, müßte es beständig seine äusserliche Bewegung haben von Osten gegen Westen, wie andere himmlische Cörper, wel¬ ches sich doch nicht so verhält. (Obs. §. 9.) 4. Daß die Figur, Lage und Coleuren des Nordlichts stets vor zweyen Observationibus anders sind, auch sogar auf eine mittelmäßige Distance, (Obs. §. 37.) giebet sattsam zu erken¬ nen, daß es keine sonderliche Höhe über den Erdboden hat. 5. Wofern das Nordlicht eine sehr grosse Höhe über die Athmosphaeram haben sollte, müßte dessen innere Bewegung von einer unbe¬ greiflichen Geschwindigkeit seyn, da es sich in einem Augenblick viele Graden an dem Him¬ mel ausbreiten kann, weil leicht zu begreiffen ---41/104--- ist, daß die Geschwindigkeit der Bewegung un¬ gemein viel zunehmen muß auf eine grosse Di¬ stance in Proportion mit andern Dingen, die da näher sind und unter demselben Winkel ge¬ sehen werden; daß aber die schnelle Bewegung nicht so wunderlich vorkommen muß, wenn es in unserer Arhmosphaera befindlich ist, soll her¬ nacher gewiesen werden. 6. Daß das Nordlicht sich beständig gegen den Wind beweget, welcher schon entweder wehet, oder bald in die niedrige Luft kommen will, (Obs. §. 8.) giebt sattsam zu erkennen, daß es eine immerwährende Connexion mit unserer Athmosphaera hat. 7. Es mag nun das Nordlicht eine Materia ardens, oder phosphorica, oder pellucida seyn, so muß es doch ein Corpus grave seyn, und noth¬ wendig zu einem Corpore mundi totali gehören, quod motu vertiginis gaudet. Denn bishero ist so ein zwischen Himmel und Erde schweben¬ des Corpus noch nicht bekannt, und es ist un¬ nöthig, in diesem Falle so eines zu fingiren, denn das Lumen zodiacale, welches von Cassi¬ ni und de Mairan vorgegeben wird, muß, wo es irgendwo existirt, von einer ganz andern Be¬ schaffenheit seyn. Es scheint zwar ganz unnö¬ thig, so viele Beweise hievon anzuführen, weil es möchte von selbsten fallen, und ist fast keine Observation vom Nordlichte genommen, da man daraus nicht entweder sichere Beweise, oder wahrscheinliche Folgerungen, ziehen könn¬ ---42/104--- te, daß es ohnfehlbar seinen Ort in unserer Athmosphaera hat, (wie Obs. §. 12. 14. 16. 25. 29. 41. 46. u. f.) Daß ich aber etliche Bewei¬ se deßwegen anführe, geschicht, weil es doch ei¬ nige gegeben, die daran gezweifelt haben, und einige, die es gar als was ausgemachtes gehal¬ ten, daß das Nordlicht über unserer Athmo¬ sphaera wäre, wozu sie sind betrogen worden dadurch, daß sie haben durch die Trigonome¬ trie von zweyen diversen Orten dessen Parallaxin und Höhe suchen wollen, und haben sie weit höher gefunden, als sonst unsere Athmosphaera vorgegeben oder geschlossen wird, zu seyn; wie unter andern aus Mairans Ausrechnung zu Pa¬ ris davon zu ersehen ist. Der Fehler aber be¬ stehet darinne, daß es nicht dasselbe Nordlicht ist, welches von zwey diversen Orten gesehen wird, deßwegen kann die Rechnung nicht rich¬ tig werden; denn es ist mit dieser Sache eben so, als wenn sie wollten von zwey diversen Or¬ ten die Höhe des Regenbogens über der Erde suchen, welches gewiß unrichtig würde. (Obs. S. 37.) Man findet auch in Mem. de l'Acad. Royal von ao. 1731. aufgezeichnet, daß auf ei¬ ne und dieselbe Zeit ein Nordlicht ist sowol in Paris gesehen worden, welches in Nordost stunde, als auch in Toulose, welches in Nord¬ west stunde. Es ist aber leicht zu ersehen, daß es nicht dasselbe gewesen; denn wenn es in Toulose gesehen wurde in Nordwest, sollte es von rechtswegen zu Paris in Westen gesehen ---43/104--- werden, und nicht in Nordost. Gleichermas¬ sen ist ja oft Nordlicht gesehen worden in Lei¬ den, und nicht in Utrecht, in Berlin und nicht in Halle, obschon die Luft an beyden Orten ist helle gewesen, und die Distance dazwischen nicht sonderlich groß ist. Das Nordlicht hat seinen Ort nicht in dem niedrigsten, sondern stets in dem obersten Theile von der Athmosphaera. Weil allerley Wolken, auch gar die obersten und leichtesten, uns das Nordlicht bede¬ cken, muß es nothwendig über alle Wolken seyn. 2. Dahingegen werden die Wolken nimmer durch das Nordlicht gesehen, welches doch mit den Sternen immer geschicht, auch nicht die höhesten Gebürge, welches doch in diesem Lan¬ de oftmals eintreffen möchte, wofern das Nord¬ licht jemals in der niedrigen Luft sich befände, weil es hier nicht was rares ist, die Wolken als auch andere Mereora, sowol aquea als ignita, niedriger zu sehen, als die hohen Gebürge, die hier zu Lande befindlich sind. (Obs. §. 38.) 3. Weil das Nordlicht stets gegen die nie¬ drigen Wolken, oder gegen die Bewegung, die in der niedrigen Luft ist, ziehet, (Obs. §. 8.) so ist dieses ein ohnfehlbares Zeichen, daß eine ziem¬ ---44/104--- ziemliche Distance dazwischen seyn muß; wie aber so ein contrairer Motus in der Luft seyn kann, soll hernacher erkläret werden. Das Nordlicht ist keine selbstbren¬ nende Materie. 1. Weil das Nordlicht zum öftern alle Regen¬ bogencoleuren in ihrer Ordnung zeiget, ist dieses ein ohnfehlbarer Beweis, der da nim¬ mer kann widersprochen werden, daß es nicht eine selbstbrennende Materie seye, sondern sein Licht anderswo herhaben muß; denn kein Licht oder brennende Flamme kann directe Coleuren produciren, oder ihre eigene Strahlen brechen, welches nothwendig erfordert wird, wofern die gefärbte Sonnenstrahlen sollen getrennet wer¬ den. Denn alle Lichtstrahlen propagiren sich per lineam rectam, und so lange sie so ungehin¬ dert fortgehen, und bleiben parallel, oder gleich¬ viel divergiren, können die unterschiedene Ar¬ ten von Strahlen, die im Lichte befindlich sind, wovon ein jeder auf seine Art unser Auge affi¬ cirt, daß die Farben dadurch vorgestellet wer¬ den, nicht getrennet werden, ehe und bevor von einem andern intermedio densiori, ein je¬ der nach seinem Winkel, gebrochen werden, welches aus optischen Experimenten mehr als zu bekannt ist. Dieser einzige Beweis könnte hinzulänglich seyn, darzuthun, daß das Nord¬ ---45/104--- licht keine brennende Materie sey. Doch will ich zum Ueberfluß mehrere anführen, weil die meisten, welche bishero ihre Gedanken davon eröfnet haben, auf die Meynung gerathen, daß es eine brennende Materie sey; wozu die Ur¬ sache keine andere seyn muß, als daß sie so sel¬ ten an den dasigen Orten Gelegenheit gehabt haben, es zu sehen und zu observiren, und daß sie es niemals gesehen haben mit seinen rechten Coleuren, wie es in diesen nordlichen Gegenden zu sehen ist. Der Herr Baron Wolff, nach¬ dem er das Nordlicht 1716. observirt hatte, gab seine Gedanken davon in einer Dissertation her¬ aus, worinn er es für eine brennende Materie und einen unvollkommenen Blitz hält. Nach¬ dem er aber hernacher Nachricht bekommen hatte von andern Orten, daß es auch mit Co¬ leur sich zeigte, befunde er gleich, daß es un¬ möglich eine brennende Materie seyn könnte; dahingegen schliest er, daß das Nordlicht, wel¬ ches den Schein giebt, unterschieden seye von den Dünsten, worinn die Lichtstrahlen gebro¬ chen und die Farben gezeiget werden, welches auch unmöglich anders seyn kann. Wofern er nun durch dieses Licht, welches den andern Dünsten Schein giebt, das Licht verstehet, wel¬ ches er sagt, von andern gehört zu haben, daß es beständig neben dem Horizonte in Norden gesehen wird, stimme ich gern damit überein; denn das Licht, sagt er, müßte der Ursprung des Nordlichts seyn. Sollten aber seine Ge¬ ---46/104--- danken seyn, wie einiger anderer, daß etwas von dem Nordlichte, welches wir sehen, selbst brennend wäre und Licht gäbe, und etwas da¬ von, das die Strahlen bräche und Farben gä¬ be, und allebeyde sollten doch in einer Zeit am Himmel stehen, so scheinet dieses nicht so seyn zu können, denn es müßte dann nothwendig ein Unterscheid können gesehen werden zwischen den brennenden und reflectirenden Dünsten, wenn allebeyde über den Horizont wären in ei¬ ner Zeit. Ohne dies ist fast kein Nordlicht hier zu sehen, ausgenommen, wenn dasselbe so dunkel ist, wie es beschrieben wird Obs. §. 24. daß es nicht dann und wann einige Coleuren zeigte, besonders an den Ränden. Ja eben derselbe Bogen, oder die Striemen, die alle¬ weile ganz weiß sich vorher zeigten und zu bren¬ nen schienen, können gleich den Augenblick dar¬ auf Coleuren überall bekommen, wenn sie nur ausgebreitet und die Materie dünner wird und ihre rechte Lage bekömmt. Ja an einem En¬ de kann solcher Bogen weiß aussehen und bren¬ nend scheinen, und an dem andern Ende Co¬ leuren haben, so daß diese Gedanken von selb¬ sten wegfallen. Denn wenn ein Nordlicht kei¬ ne Farben hat, entstehet es bloß allein entwe¬ der daher, daß es kein vollkommenes Licht hat, oder daß die Materie zu dicke gesammlet ist, oder es hat seine rechte Lage nicht, daß die Licht¬ strahlen unter ihrem rechten Winkel nicht kön¬ nen gebrochen werden bis an das Auge des Zu¬ schauers. (§. 34.) ---47/104--- 2. Wofern das Nordlicht eine brennende Materie wäre, warum sollte es sich stets an dem nordlichen Haemisphaerio aufhalten? (§. 33.) Warum zeigt es sich nicht eben sowol gegen Süden, als gegen Norden? Warum sollte dicke Luft in Nordwest es mehr hindern zu bren¬ nen, als anderes Wetter, welches eben sowol dicke Luft mit sich bringt? (§. 47.) Warum sollte es nicht immer continuiren zu brennen, wern es über den Zenith käme? (§. 16. 35.) Warum sollten sich die Bogen, insonderheit wenn es von der ersten ist, (§. 13.) gegen Nor¬ den kehren? Warum sollte die nordlichste Sei¬ te allezeit das meiste Licht haben? (§. 36.) Welches alles irraisonabel wäre, von einem wandelbaren brennenden Cörper zu praetendi¬ ren, daß er alle solche Regeln sollte in Acht neh¬ men, da doch eine solche Materie, die stets von einem Orte zum andern am Himmel bewegt wird, auch überall müßte können gesehen und gefunden werden, und eine brennende Materie müßte sich auf einerley Art an allen Orten des Himmels zeigen. 3. Wenn das Nordlicht eine brennende Ma¬ terie wäre, scheint es nicht wol möglich zu seyn, daß es so lange Zeit sollte stille stehen bleiben an einem Orte, ohne die Gestalt im geringsten zu ändern, wie bisweilen geschicht. (§. 7.) Zum wenigsten wäre es hierinnen ganz anders, als andere Meteora ignita, welche gemeiniglich in einer Geschwindigkeit ausbrennen, wenn sie ein¬ mal angezündet sind. ---48/104--- 4. Es würde auch sehr schwer zu begreiffen seyn, wie solche schwefelichte Dünste, die in der obersten und dünnesten Luft, wie oben erwiesen, hangen, können angezündet werden, weil sie in solcher freyen und dünnen Luft nicht wol kön¬ nen zusammengedrückt werden, welches doch die einzige Raison ist, die man zur Anzündung des Blitzes finden kann. 5. Wenn das Nordlicht eine brennende Ma¬ terie wäre, so könnte ein Bogen, der einmal angezündet wäre, nicht wieder vergehen, ohne daß er ganz ausgebrannt hätte; wenn nun aber so oft in einer kurzen Zeit und so geschwinde auf einander neue Bogen gesehen werden an dem¬ selben Orte, (§. 16.) so könnte so was nicht geschehen, ohne daß eine neue brennende Ma¬ terie jedesmal in größter Geschwindigkeit in den¬ selben Raum hineingebracht würde, und gleich fertig wäre, angezündet zu werden, wozu wol ein grosses Glück erfordert wird; zum wenig¬ sten brennet der Blitz nicht mehr als einmal an eben und demselben Orte, ob es schon zwar möglich wäre, daß gleich neue Materie in den¬ selben Raum hineingeschoben würde, welches doch wol sehr selten eintreffen möchte. 6. Wenn das Nordlicht bisweilen dünne ist und ganz dunkel, daß es wie ein Rauch oder dünner weisser Nebel aussiehet, da man denn mehr als zu deutlich sehen kann, daß es nicht brennet, und es dann wieder Licht bekömmt, da wird es nicht von einem Orte zu dem andern ---50/104--- bisweilen scheint Strahlen von sich zu schiesen an den Seiten, beweiset nichts weniger, als die¬ ses; denn es ist nichts von dem Nordlichte, das da geschwinder die Regenbogenfarben annimmt als eben diese Strahlen, weil die Materie in denselben gemeiniglich am dünnesten ist. Man¬ nichmal siehet man oft dergleichen Strahlen ganz allein am Himmel stehen, und doch ihren Arsprung von keiner gesammleten Massa zu ha¬ ben. Ja, wenn das Nordlicht von der ersten Art ist, (§. 13.) scheint der ganze Bogen von dergleichen Strahlen zu bestehen, welche vertical dicht aneinander stehen. Das Nordlicht bestehet von keiner phosphorischen oder electrischen Ma¬ terie, die selbsten Licht hat. Hier können fast alle die nächst vorhin ange¬ führten Beweise gelten, denn keine Art von Phosphorus zeigt jemals Regenbogencoleuren. Warum sollte solche Materie nicht sowol süd¬ werts als nordwerts dem Zenith scheinen? (§. 16. 35.) Warum sollte eine Art Witte¬ rung es hindern, mehr zu scheinen als eine an¬ dere, (§. 47.) wenn die umstehende Luft doch helle ist? Warum sollte diese Art Materie nur um den Nordpol hangen, und nicht unter der Linie gesehen werden? Warum sollte so eine selbstleuchtende Materie in einer Geschwindig¬ keit ihren Schein verliehren und ihn eben so ge¬ ---51/104--- schwinde wieder bekommen: Warum sollte sie allezeit das meiste Licht an dem niedrigsten Ran¬ de haben, der von uns gegen Norden kehret? (§. 14.) Welches alles sich gar nicht schicket auf eine Materie, die Licht in sich selbsten hat. Das Nordlicht ist wässerichte Dün¬ ste in der Luft, die ihr Licht anders¬ woher bekommen. 1. Wenn es keine brennende oder selbstleuchten¬ de Materie ist, wie vorhin erwiesen, so muß es nothwendig wässerichte Dünste seyn, (denn von mehrerley Arten wissen wir nicht,) worinn ein anderes Licht gebrochen oder refle¬ ctirt wird; daran kann niemand zweifeln, der diese Dünste betrachtet hat, wenn sie bey Tage am Himmel stehen. (§. 51.) Von was für ei¬ ner Beschaffenheit diese Dünste sonsten sind, ist nicht eben nöthig zu determiniren, und thut zu der Sache nicht viel. Genug, daß wir leicht schliessen können, daß sie vors erste aus beson¬ ders leichten und dünnen Partickelchen beste¬ hen müssen, weil sie vermögend sind, in der obersten dünnen Luft zu schwimmen, wo die dicken Wolken und die groben Dünste ihrer Schwere wegen sich nicht aufhalten können. Hernacher, weil sich das Nordlicht am öftesten und hellesten in der allerstrengsten Kälte zeiget, da es fast unmöglich ist, daß irgendswo in der ---52/104--- Lust ein Wasserpartickelgen ungefroren bleiben könnte, und man ohnedem weis, daß die ober¬ ste Luft allezeit kalt ist, obschon das Wetter in dem niedrigen Theile davon kann gelinde seyn; so ist auch zu schliessen, daß diese Dünste müs¬ sen von gefrornen Wasserpartickelgen bestehen, oder dünnen Eißstaub, welches eine geschickte Materie ist, die Lichtstrahlen zu brechen, und sowol Licht als Coleuren von sich zu geben. 2. Weil es auf eine gewisse Seite des Bo¬ gens, (§. 14.) nach einer gewissen Proportion der Dicke derer Dünste, (§. 17.) an einem ge¬ wissen Orte des Himmels, (§. 17.) in einer ge¬ wissen Lage (§. 22.) Regenbogencoleuren zeiget, und sobald es daraus gebracht wird, eben die¬ selbe verliehret, so ist dieses ein ohnfehlbares Zeichen, daß es den ordinairen oprischen Re¬ geln unterworffen ist, wornach alle Corpora densiora diaphana unter einen gewissen Winkel das Licht brechen und die Strahlen trennen. 3. Weil diese Dünste können bisweilen ge¬ sehen werden, wenn sie noch gar kein Licht ha¬ ben, (§. 24.) weil sie an gewissen Orten des Himmels, (§. 16. ir. §. 35.) und durch dicke Luft in einer gewissen Gegend des Himmels (§. 47.) allezeit ihr Licht verliehren; so kann dazu keine andere Ursache seyn, als daß entwe¬ der etwas zwischen das Licht und den Dünsten kömmt, oder daß die Dünste selbsten aus ih¬ rem Lichte gebracht werden, oder daß sie aus ihrem rechten Ort gebracht werden, so daß die ---53/104--- Lichtstrahlen nicht mehr können unter ihrem rechten Winkel gebrochen werden zu den Au¬ gen eines und desselben Beschauers, sondern weiter gegen einen andern Ort hin. Ja, ein jeder Umstand vom Nordlichte kann genugsam dieses beweisen, und fast jedwede Observarion, die davon genommen wird, kann darthun, daß das Licht anderswoher kömmt, weßwegen ich mich nicht länger dabey aufhalten will, sondern hernacher sehen, wo man das Licht herholen möchte. Das Nordlicht kann nicht wohl seinen Schein von der Sonne haben. 1. Weil die Sonne mitternächtlicherweile so tief unter unsern Horizonte ist, da sich doch das Nordlicht eben sowol um Mitternacht, als des Abends und des Morgens früh, zeiget. (§. 29.) Es scheint ohnedem nicht wol möglich, daß die Sonnenstrahlen sollten können gebrochen wer¬ den so weit um die Ründe der Erden herum, daß sie sollten zu diesen Dünsten, die in unse¬ rer Athmosphaera befindlich sind, ja nicht ein¬ mal zu denjenigen, die in dem obersten Theile derselben sind, hinreichen können. Denn aus den Verfinsterungen können wir genugsam se¬ hen, wie einen langen und dunkeln Schatten ein Planete von sich wirft zu der Seite hin, die ---54/104--- von der Sonne abkehret, wo fast kein Licht ge¬ brochen wird in weit grösserer Distance, als das Nordlicht von der Erden ist. Ich kann nicht leugnen, daß ich selbsten lange Zeit der Mey¬ nung gewesen, daß das Nordlicht seinen Schein von der Sonne haben müßte; wegen folgender Ursachen aber habe die Meynung nicht anneh¬ men können. 2. Aus vorhergehenden Observationen und Beschreibungen dieser Dünste ist leicht zu schlies¬ sen, daß sie keine neue Art Dünste sind, son¬ dern solche, die die Natur von ersten Zeiten zu¬ wege gebracht hat. Nun ist die Sonne ja in ihren eben demselben Umlauf zugleich stets da gewesen, warum sollte denn das Nordlicht auch nicht stets können gesehen werden? 3. Wenn das Nordlicht von der ersten Art ist, hat alle Regenbogencoleuren, und der Bo¬ gen sein Centrum gegen Norden hat, so möchte es noch wohl angehen, daß es per refractionem sein Licht von der Sonne haben möchte um die Mitternacht, da die Sonne gerade in Norden ist; sollte es aber auch zu anderer Zeit in der Nacht sein Licht von der Sonne bekommen, so müßten sich die Bogen ändern und des Abends gegen Westen, des Morgens aber gegen Osten stehen, wofern sich die Regenbogenfarben per refractionem zeigen sollten; sollte es hingegen per reflexionem geschehen, müßten die Bogen tour contrair stehen, nemlich um Mitternacht gegen Süden, des Abends gegen Osten, und ---55/104--- des Morgens gegen Westen, welches bey wei¬ ten nicht so befunden wird, denn sie haben die ganze Nacht dieselbe Lage. 4. Die erste Gegend, wo sich das Nord¬ licht des Abends zeiget, ist Nordost, (§. 39.) wird aber doch die ganze Nacht durch eben so¬ wol da, als an andern Orten des Himmels ge¬ sehen, obschon die Sonne immer ihren Ort ver¬ ändert. Wenn nun so ein Nordlicht, welches gegen Nordost des Abends gesehen wird, von der ersten oder andern Sorte ist, nemlich so dünne, daß die kleinsten Sterne dadurch eben so gut können gesehen werden, als wenn nichts zwischen uns und den Sternen wäre; so kann diese Art von Nordlicht unmöglich Coleuren zei¬ gen per reflexionem, wenn die Materie so dün¬ ne ist, und hinten kein Opacum ist. Denn es ist bekannt, daß man in dem Regenbogen kei¬ ne Farben sehen kann, es sey denn, daß finstere Wolken dahinter sind. Man kann keine Co¬ leuren in einem Springwasser gegen die Son¬ ne sehen, ohne daß man ein schwarzes Kleid, oder was anders dahinter hält, welches hindern kann, die Lichtstrahlen weiter zu gehen, sondern daß sie müssen zurückprallen. Es muß denn nothwendig per refractionem geschehen, wenn Coleuren in so einer dünnen Materie, die in ei¬ ner so freyen und subtilen Luft hangt, sich zei¬ gen sollen, und denn müßten ja die Sonnen¬ strahlen erstlich rund um die ganze Erdkugel herum gebrochen werden, und wiederum zu uns ---56/104--- zurücke auf der andern Seite kommen, wofern ihre Strahlen per refractionem sollten Coleuren zeigen in einem Diapliano, so des Abends gegen uns in Osten stehet, da die Sonne eben in We¬ sten hinuntergegangen ist, welches ein jeder ein¬ siehet, daß es unmöglich ist. 5. Sollte das Nordlicht seinen Schein von der Sonne haben, müßte es eben sowol und eben so oft unter der Linie und in den südlichen Ländern, als hier um den Nordpol herum, gese¬ hen werden. Ich weis zwar, daß mir will ein¬ gewandt werden, daß die Sonne niemals so tief, oder jemals so perpendiculair unter dem Horizonte vor uns ist, die da in den nordlichen Ländern wohnen, als denenjenigen, die unter der Linie sind, weßwegen dessen Strahlen leich¬ ter zu uns können gebracht werden, als zu ih¬ nen, da wir denn auch zum öftern hellere Näch¬ te haben, als wie sie. Aber das will alles nichts sagen, denn so müßte sich doch das Nord¬ licht zeigen des Abends und des Morgens, wenn die Sonne ihnen eben so tief unter dem Hori¬ zonte wäre, als wie sie uns bisweilen ist, wenn das Nordlicht erscheint; und denn müßte das Nordlicht in Frankreich, Italien und in den den Ländern, die so viel näher an der Linie lie¬ gen, als wie wir, nach und nach gegen Mit¬ ternacht abnehmen, je tiefer die Sonne unter ihren Horizont käme, welches doch nicht so be¬ funden wird. ---57/104--- Das Nordlicht hat nicht seinen Schein vom Mond. 1. Denn es zeigt sich eben so häufig und helle im neuen Monde, da der Mond nicht das geringste Licht an der Seite gegen die Erde hat, als wenn der Mond voll ist. ($. 28.) 2. Heller Mondschein verdunkelt vielmehr das Nordlicht, als daß er dessen Klarheit ver¬ mehren sollte. 3. Weil das Nordlicht seine Stelle meisten¬ theils an dem nordlichen Haemisphaerio hat, und nur in gewissen unterschiedenen Situationen Licht und Coleuren giebt, da doch die Situation des Monds am Himmel unterschiedlich ist, wor¬ nach sich das Nordlicht im geringsten nicht richtet. 4. Weil der Mond allezeit und allenthal¬ ben geschienen, so müßte auch das Nordlicht allenthalben und allezeit zu sehen seyn. Das Nordlicht hat seinen Schein nicht von den Sternen. 1. Das Nordlicht müßte denn eben sowol Licht haben an dem südlichen Haemisphaerio, als an dem nordlichen, weil es allenthalben hel¬ le Sternen giebt. 2. Wenn das Nordlicht seinen Schein von den Sternen haben würde, könnte es gar nicht ---58/104--- angehen, daß es bisweilen ganz dunkel seyn sollte, wenn die Luft doch überall gleich helle ist; (§. 24.) denn diese Dünste möchten höher zu stehen kommen, oder niedriger, oder wo sie sich auch hinwendeten, könnten sie doch dem Licht der Sternen nicht entgehen, die sowol hoch ste¬ hen, als auch überall sind. 3. Hier gilt auch alles das vorige, daß das Nordlicht müßte denn allenthalben und zu allen Zeiten gesehen werden. Mehrere Argumenta könnten zwar angeführt werden, welches aber unnöthig ist. Ueberhaupt, weil das Nordlicht von so lan¬ ger Zeit, als man Nachricht davon haben kann, Obs. §. 1.) an einem gewissen Orte des Erdbo¬ dens zu sehen gewesen, nemlich nahe an dem Nordpol, und doch anderswo nicht zu sehen ge¬ wesen, kann es unmöglich von irgends einem himimlischen Cörper sein Licht haben, denn in dem Fall könnten die nordlichen Gegenden vor den andern nichts voraus haben. Das Nordlicht hat seinen Schein von Norden und unten von der Erde her. 1. Weil vorher ist bewiesen worden, daß wir unmöglich dem Nordlichte Licht von et¬ wann einem himmlischen Cörper verschaffen ---59/104--- können; so muß es nothwendig auf der Erden gesuchet werden. 2. Weil das Nordlicht sich beständig gegen Norden zeiget, weil es als etwas mehr rares ist in den südlichen Ländern, und unter der Li¬ nie gar nicht gesehen wird, so ist dieses ein ge¬ wisses Kennzeichen, daß es seinen rechten Sitz und Ursprung in Norden haben muß, und daß die Runde des Erdbodens nur dasjenige seyn muß, welches das Licht hindert, daß es seine Strahlen nicht weiter propagiren kann gegen Süden; denn weil solche Dünste, die zum Nordlicht des Abends werden, allenthalben zu finden sind; (§. 51.) so muß das Licht, wovon es seinen Schein bekommen, von einem gewis¬ sen Orte unten auf der Erden kommen, sonst müßten sie allenthalben erleuchtet werden. 3. Weil es von so uhralten Zeiten stets ge¬ gen Norden zu sehen gewesen, und von dar her¬ nacher nach und nach sich ausgebreitet hat; (§. 5.) und weil die Einwohner beym Nordcap bestän¬ dig ein Licht neben dem Horizonte sehen, das da stille stehet, und unterschieden ist von dem¬ jenigen, welches höher am Himmel gesehen wird, (§. 3.) so kann dieses Licht mit Billig¬ keit angesehen werden, eben dasjenige Licht zu seyn, welches hernacher diese Dünste am Him¬ mel erleuchtet; folglich kann nicht geleugnet werden, daß das ganze Nordlicht seinen Ur¬ sprung von Norden her haben muß. ---60/104--- 4. Weil die Bogen des Nordlichts, wenn es von der ersten Sorte ist, und alle Regenbo¬ gencoleuren ordentlich hat, stets ihr Centrum in Norden haben, und die rothe Farbe, dessen Strahlen am wenigsten gebrochen werden, eben die niedrigste in der Reihe ist, so muß das Licht nothwendig von unten hinauf kommen; denn, wofern das Licht von oben hinunter käme, mü߬ ten die violetten Strahlen die untersten seyn, und die rothen die obersten, weil das Licht und die Farben müssen nothwendig durch diese Art dünnere Dünste zu uns per refractionem ge¬ bracht werden, (wie oben erwiesen worden,) derowegen muß dieses Licht, welches die Dün¬ ste erleuchtet, nothwendig in Norden seyn und unten an der Erde, wofern alle optische Regeln sonst gelten sollen. 5. Daß dicke Luft in Nordwest kann an die¬ sen Orten das Nordlicht hindern, und es da¬ hingegen gesehen wird, sobald die Luft in dieser Gegend rein wird, (§. 46.) zeigt unwidersprech¬ lich, daß das Licht daher kommen muß. 6. Wollte jemand behaupten, daß das Nord¬ licht müßte schlechterdings Dünste seyn, die selb¬ sten Licht und Schein haben, entweder magne¬ tische, wie es der Herr Halley haben will, oder sulphurische, wie einige andere meynen, und daß sie sich just deßwegen allein in der Nähe am Nordpol aufhielten, weil sie sich von dar hinaufziehen; so könnte diese Meynung bey ih¬ rem Werth bleiben, wofern diese Dünste be¬ ---61/104--- ständig von Norden sich hinaufzögen, und sie eben selbes Licht behielten, sowol südwerts als nordwerts dem Zenith. Die Erfahrung aber zeiget, daß sie von allen Gegenden der Welt kommen, ja so gar von Süden selbsten, und ziehen nach Norden hin, (§. 9.) haben aber doch weder Licht noch Coleuren, es sey denn, daß sie in ihre rechte Stelle kommen nordseits dem Zenith. Daß derowegen diese Dünste sollten ihre Eigenschaft zu leuchten verliehren, wenn sie zu weit vom Polo heraus schwebten, und dieselbe wieder bekommen, sobald sie von Süden wieder zurückkämen, darinn ist gar kei¬ ne Wahrscheinlichkeit zu finden. Dahinge¬ gen, wenn man ein Licht unter dem Nordpol, (wo irgend eines zu finden ist,) denn ist leicht zu begreiffen, wie alle diese Dünste sowol Licht als Farben bekommen können, wenn sie zwi¬ schen uns und demselben Lichte gebracht wer¬ den. Bishero vermeyne ich einigermassen sicher ver¬ fahren zu haben, und fast nichts angenom¬ men, als was entweder in bekannten angenom¬ menen physischen, oder in unwidersprechlichen oprischen und mathematischen Regeln Grund hat. Aber auf diese Art zu verfahren gehets jetzo nicht mehr so an; weßwegen ich nur ei¬ ne Hypothesin vorzubringen habe, die ich nie¬ manden aufdringe: will aber nur versuchen, ---62/104--- wie weit sie möchte können wahrscheinlich ge¬ macht werden, will auch willig diese meine Ge¬ danken fahren lassen, sobald ich ein anders kann überzeugt und besser unterrichtet werden. Weil ich aber jetzo mit meinen Gedanken so weit gegangen bin, daß ich genöthiget worden Licht in den finstern und unbekannten Ländern unter dem Nordpol zu suchen; so könnte zwar, um mich heraus zu retten, so viele und so grosse brennende und feuerspeyende Berge unter dem Pol erdichten, daß ich dem Nordlichte mehr Schein, als man etwann brauchte, verschaf¬ fen, und man könnte mich eben so wenig wi¬ derlegen, als ich beweisen könnte, was ich be¬ haupten wollte, denn niemand von uns ist jemals da gewesen. Und auf solche fingirte Gründe seine Erklärungen und Beweise zu bauen, ist unter den jetzigen Schriftstellern nicht so sehr was rares, daß sie Dinge erdich¬ ten, womit sie ihre Sätze erweisen wollen; als zum Exempel, wenn ein gewisser Schriftsteller, vor nicht so gar langer Zeit, hat expliciren wol¬ len die Ebbe und Fluth des Meeres, und woll¬ te mit Cartesii, oder Newtons, Erklärung sich nicht begnügen lassen, fingirte er so viele Meer¬ strudel und Meerschlünde neben den Ufern des Meers, welche zu gewissen Zeiten das Wasser zu sich ziehen und wieder von sich schiessen, (ob¬ schon diese fiction nicht was neues ist,) da doch dergleichen Meerschlünde nicht einmal in rerum natura existiren, weit weniger in so einer Men¬ -63/104--- ge daß sie sollen dazu hinlänglich seyn. Zum wenigsten ist der größte sogenannte Meerstru¬ del, nemlich der Malstrohm, hier in der Nord¬ see (wovon doch so viel Wesens gemacht wird in den Reisebeschreibungen, und der so füchter¬ lich abgemahlet wird in einigen Landcarten nicht von der Beschaffenheit, denn er wird nur von der Ebbe und Fluth des Meeres verursa¬ chet. Und nicht viel besser gehet es einigen an¬ dern, die da, wider alle Ordnung der Natur und mechanische Regeln, alle Wasserquellen vom Meere durch verborgene Gänge in den höchsten und härtesten Felsen hinauf leiten wol¬ len: Ich habe es aber allezeit für anständiger gehalten, in seinen Gedanken stille zu stehen, wenn man nicht weiter kommen kann, seine Un¬ wissenheit bekennen, und bessern Unterricht er¬ warten, als sich damit helffen wollen, Dinge zu fingiren, die man nicht einmal beweisen kann, daß sie existiren, und noch weniger hat man sich dergestalt zu vermuthen, daß jemand sollte den¬ jenigen Sätzen, welche daraus sollten be¬ wiesen werden, den Glauben beypflichten. ---64/104--- Es scheint, daß diejenigen Dünste, woraus das Nordlicht bestehet, ihren | | Schein, Glanz und Licht bekommen können von der Menge Eiß, das um den Nordvol befind¬ lich ist. Bevor ich versuchen will, dieses weiter zu beweisen, finde ich nöthig, aufs neue etliche Wahrnehmungen und historische Nachrichten anzuführen, die eigentlich hieher gehören. 1. Es ist mehr als zu bekannt, daß die nordli¬ che und zum Theil unbekannte Länder um den Nordpol herum, besonders Grönland, wel¬ ches am meisten ist beseegelt worden, fast ganz bedeckt ist mit Eiß, nicht allein an den hohen Orten, so daß im Lande selbsten Eißberge ge¬ funden werden, die auf viele Meilen sind befah¬ ren worden, und doch das Ende weder in der Breite noch in der Länge kann gefunden wer¬ den; sondern auch hernacher das Meer, beson¬ ders auf der östlichen Seite, ist sehr viele Mei¬ len in der Breite, und noch mehr in der Länge, ganz mit schwimmenden Eißbergen erfüllet. 2. Es ist auch bekannt, daß von uhralten Zeiten her stets so ein Eiß in Grönland gewe¬ sen, sowol aufm Lande, als auch an dem Ufer ---65/104--- des Meeres; daß es aber dahingegen jetzo in ein paar Seculis überaus viel zugenommen, und sich viele Grade im Meere gegen Süden ausgebrei¬ tet, ist genugsam zu ersehen, wenn man die al¬ ten und neuen Beschreibungen von Grönland mit einander conferirt, denn der Theil von die¬ sem Lande, Osterboygd genannt, welcher an¬ fänglich von Norwegern ist bebauet und lange Zeit beseegelt worden, wovon wir eine genaue Beschreibung haben, als wäre es ein ganz gu¬ tes Land, ist jetzo lange Zeit, des Eises wegen, weder befahren worden, noch kann gefunden werden. 3. Diese Eißberge, welche jährlich an der ostlichen Seite von Grönland anwachsen, kom¬ men fast alle aus einem grossen Meerbusen, (Fiord) welcher sich nordostlich durch das Land hineinstrecket, von welchem niemand weis, ent¬ weder wie lang er ist, oder wo er hingehet, und können dieselben Eißberge von einer erstaunli¬ chen Grösse seyn, daß sie oberhalb Wassers für ziemlich grosse Berge passiren können, daher man leicht schliessen kann, wie tief sie wegen ih¬ rer Schwehre unter dem Wasser stecken müs¬ sen. Wenn sie nun aus diesem Sinu heraus¬ getrieben werden und herauskommen, bleiben sie da nicht am Lande liegen, nemlich an der westlichen Seite, sondern durch den stetswäh¬ renden Strohm, der immer aus Straet Da¬ vid herausfällt, werden sie stets zu der ostlichen ---66/104--- Seite herumgetrieben, wo sie sich Jahr nach Jahr in grosser Menge sammlen. 4. Auf Grönland fällt hingegen weder so sehr oft, noch übermäßig viel Schnee, bleibt auch gemeiniglich nicht lange liegen; denn von dem Eise wird er durch den geringsten Wind weggeblasen, der darüber wehet, und auf dem Lande thauet er oft auf durch einfallendes süd¬ liches Wetter. Dieses ist sowol in den alten als neuen Beschreibungen angemerkt worden. 5. Wenn Schiffer, die auf Grönland see¬ geln, diesem Eise auf 15. ja 20. Meilen nahe kommen, sehen sie schon vor sich hinaus ein hel¬ Schimmern in der Luft vom Eise, welches sie Iisblink, oder Eißschimmer, heissen; und so¬ bald als sie dasselbe gewahr werden, seegeln sie nicht mehr gerade nach dem Lande hin, damit sie nicht in die Eißberge hineinkommen möch¬ ten, sondern richten gleich ihren Lauf längs ne¬ ben dem Eißrande hin. Daß dieser Eißschim¬ mer eben das Licht und blauer Schein ist, wel¬ chen die Einwohner auf Nordcap in dieser Ge¬ gend sehen, nemlich diejenigen, die da gerade übers Meer vor dem größten Eißrande woh¬ nen, daran kann fast nicht gezweifelt werden; und dieses ist gewiß das beständige Licht, wo¬ von dem Herrn Baron Wolff ist erzehlt, aber nicht hinlänglich beschrieben worden. 6. Nun ist bekannt, daß alle Corpora, die eine glatte und polirte Oberfläche haben als geschliffene Metallen, Edelgesteine, Glas u. s. f. ---67/104--- daß sie die allergeringsten Lichtstrahlen, die dar¬ auf fallen, annehmen und reflectiren. Unter dergleichen Corpora ist gewißlich das Eiß nicht das geringste; denn wenn es so dauerhaftig wäre, und liesse sich so gut arbeiten und hand¬ thieren, wie Glas, könnte es eben sowol zu Brenngläsern, Spiegeln, u. s. f. als das Glas selbsten, gebraucht werden, welches leicht kann versucht werden. Daß ein Feuer, oder so was anders, welches hier unten auf der Erden Licht von sich geben kann, auch im Stande ist, den Wolken und Dünsten in der Luft Licht und Schein zu geben, ist durch unterschiedene Gelegenheiten mehr als zu oft wahr befunden worden. Meier führt an in Act. Petropol. daß, wenn in Peters¬ burg, oder auch in Moscau, wodie mehresten Häuser von Holtz gebauet sind, eine Feuers¬ brunst entstanden, hat man weit davon die Wolken und dünnere Dünste in der Luft gese¬ hen, daß sie sowol Licht als rothe Farbe bekom¬ men haben. Dasselbe ist auch in Holstein ob¬ servirt worden, da Copenhagen 1728. abbrann¬ te. Gleichermassen, da die Russen bey ihrem Einfall in Schweden 1719. grosse Wälder an¬ steckten, konnte man gar disseits den Gebürgen in Norwegen einen rothen Schein davon in der Luft sehen. 8. Wenn die Heringe bisweilen um Herbst¬ zeit vom Meere nach dem Lande hineinkommen, da denn oft so eine grosse Menge seyn kann, daß ---68/104--- das Meer auf viele Meilen derer voll zu seyn scheinet, geben die Einwohner hier an der See¬ küste vor, daß sie oft in einer gewissen Gat¬ tung von Wetter einen blauen Schein in der Luft über den Ort sehen können, wo die He¬ ringe in solcher Menge befindlich sind. Eines solchen Lichts erinnere ich mich auch vor langer Zeit, daß es mir einmal gewiesen worden, und es traf auch ein, daß eine Menge Heringe kurz darauf in der Nähe ist gefangen worden. Doch weil dieses nur ein einzigesmal ist von mir selbsten gesehen worden, und im übrigen nur auf gemeiner Leute ihrer Aussage beruhet, wer¬ de ich es gar nicht anführen wollen als etwas, woraus ich gedenke, was zu beweisen mit Ge¬ wißheit. Ob ich schon keine Ungereimtheit darinn finde, (denn weil die Heringe stets die Eigenschaft haben, daß sie nächtlicherweile in dem allerobersten des Wassers schwimmen, wo sie denn auch aufgepasset und gefangen wer¬ den,) so kann so eine Menge durch ihre glän¬ gende Haut füglich einen schwachen Schein in der Luft von sich geben, besonders um die Herbst¬ zeit, da das salzige Meerwasser hier überall er¬ füllet ist mit einer Art phosphorischen Schleims, Morild genannt, wodurch das Wasser, bey der geringsten Bewegung, wie Feuertropfen aussiehet. 9. Daß aber das Eiß hingegen, wo es in so grosser Menge und etenduë befindlich ist, wie in Grönland und in mehrern nordlichen Län¬ ---69/104--- dern, geschickt ist, allerley Lichtstrahlen vom Monde, den Sternen und allen himmlischen Cörpern, die auf einige Art und Weise dahin können gebracht werden, zu sammlen, und sie hernacher rund in der Luft herum zu reflecti¬ ren, kann nicht allein einigermassen probabel geschlossen werden, sondern auch aus oben an¬ geführten Eißschimmer unter Grönland bewie¬ sen werden; ja man erfähret es, wenn man nächtlicherweile im hellen Wetter von einem erhabenen Orte ein ganz glattes Eiß betrach¬ ten will, da oft das Bild von jedweden Stern darinn kann gesehen und helle Strahlen allent¬ halben davon reflectirt werden. Wer nun einige Art von Möglichkeit dar¬ innen finden kann, der findet hernacher keine Schwürigkeit in Erklärung der Historie und Eigenschaft des ganzen Nordlichtes. Hier¬ durch werden denn zuerst die zwey größten Kno¬ ten leicht gelöset, die sonst allen im Wege ge¬ standen, und der meisten ihre Gedanken, die sich bemühet, es zu erklären, vernichtet haben, nemlich, warum es nicht überall gesehen wird? und warum es nicht von den ersten Zeiten her ist gesehen worden? Das erste Obstaculum fällt von selbsten weg. Denn wenn das Nordlicht seinen Ursprung von der Nähe am Nordpol hat und zugleich unten von der Erde her, so ist nicht zu wundern, daß es allein oder meistens in den nächsten ---70/104--- Ländern daherum geschen wird, weil die Runde der Erden nothwendig muß im Schatten von dem Lichte den südlichen Ländern mehr und mehr kommen. Weil nun aber die Lichtstrahlen, nach ihrer ersten Direction, per lineam rectam propa¬ giret werden, und man nimmt der meisten ihre Meynung an, daß die Höhe der Luft nicht viel über 4. Meilen ist, so kann ein Licht, so hierun¬ ten auf der Erden ist, durch eine Brechung in dem obersten von der Athmosphaera seine Strah¬ len vors erste nicht weiter hinbringen, als 12. Graden, oder gegen 200. Meilen; es ist aber dahingegen gar wohl möglich, daß diese Dün¬ ste, die das erste Licht bekommen haben, wie¬ derum andere, die weiter wegstehen, erleuchten können, und diese Lichtstrahlen können wieder nach einem mehr obliquen Winkel gebrochen und dadurch weiter hingebracht werden; denn ein Lichtstrahl kann nicht allein von unterschie¬ denen polirten Cörpern aufgefangen und geleitet werden, wohin man will, sondern auch durch unterschiedene Corpora diaphana gebrochen und dadurch weit von ihrer ersten Direction geleitet werden. Insonderheit muß dieses geschehen können in dem obersten von der Athmosphaera, wo die Luft dünner ist, und folglich so schwa¬ chen Lichtstrahlen wenigere Resistence machen kann; weil es aber denn ohnfehlbar nach und nach muß geschwächt werden, kann es bey wei¬ ten nicht mit der Klarheit und vollkommenen Coleuren sich zeigen in den weit entfernten Län¬ ---71/104--- dern, als hier um den Nordpol herum, welches auch durch die Erfahrung so befunden wird. Gleichermassen, daß es jetzo in weit entfernten Ländern solle können gesehen werden, dazu wer¬ den unterschiedene andere Umstände erfodert insonderheit, daß die Luft in der Linie zwischen dem ersten Lichte und den Zuschauern einiger¬ massen rein von Wolken und dicken Nebel seyn muß, (wovon weiter unten;) deßwegen muß es auch seltener in den weit entfernten Ländern gesehen werden, welches ebenfalls die Erfah¬ rung bestätiget. Das andere, woran sich die mehresten, die das Nordlicht haben betrachten wollen, gestos¬ sen haben, ist dieses, daß es scheint etwas neues in der Natur zu seyn, weil es sich nicht stets ge¬ zeigt, oder so bekannt gewesen in den vorigen Zeiten. Dieses fällt ebenfalls von selbst weg. Denn, hat sich das Nordlicht auf einige Zeit mehr und mehr gegen Süden ausgebreitet, so hat das Eiß unter Grönland es eben so ge¬ macht, (welches vorher erwiesen;) wo aber das Eiß stets gewesen, da ist auch das Nord¬ licht stets zu sehen gewesen. Nun scheint zwar keine Proportion zu seyn zwischen dem, wie sich das Eiß ausgebreitet hat, welches kaum noch auf 70. Graden gekommen, und wie sich das Nordlicht ausgebreitet hat, welches sich zufälli¬ ger=Weise schon in Frankreich und Italien ge¬ zeigt hat, und deßwegen weit stärker fortrückt, als das Eiß. Hiebey aber müssen zwey Din¬ ---72/104--- ge in Betrachtung gezogen werden: Erstlich ist die ostliche Seite von Grönland, welche ge¬ rade hieher gegen die Nordsee kehret, und wo die größte Menge vom Eiß jetzo sich befindet, vor so gar langer Zeit nicht bedeckt gewesen mit Eise, (denn eben dieser Strich Landes ist lange von Norwegern und Dänen beseegelt worden, und ob sie schon im Anfange so weit bedeckt wur¬ de, daß man zu diesem Lande nicht hinkommen konnte, so hat es doch lange Zeit gedauret, daß es in so grosser Menge ist gesammlet worden, wie es jetzo ist, und es ist eben von dieser Ge¬ gend, woher wir uns den meisten Eißschimmer, oder Schein, zu vermuthen haben; denn, wo¬ fern auch das Eiß vor diesem irgendswo hinter Groenland gelegen hat, welches an sich ein ho¬ hes Land ist, voller Gebürge, so könnte die Hö¬ he des Landes eine merkliche Hinderung ma¬ chen, daß die Lichtstrahlen vom Eise vors erste nicht könnten längshin neben der Erde gebracht, sondern müßten in einem ganz spitzigen Win¬ kel in der Höhe gebrochen werden, und deßwe¬ gen nicht so weit hinreichen, da jetzo hingegen das Eiß an obberührten Orte ganz frey im Meere liegt gegen Süden und Osten. Vors andere, wenn man, nach der neuesten Mey¬ nung, annehmen soll, daß die Erde nicht cir¬ culrund, sondern sphoeroidisch ist, und gegen den Pol niedergedruckt, so könnte der Schein vom Eise desto leichter eine Zeitlang verborgen bleiben; wenn es sich aber hat ausbreiten kön¬ ---73/104--- nen fast gegen 70. Graden, wie jetzo geschehen, muß der Schein sich nothwendig in kürzerer Zeit desto weiter gegen Süden zeigen. Daher, daß das Eiß auf einige Zeit so zuge¬ nommen hat unter Grönland, und sich gegen Süden ausgebreitet, ist bey etlichen eine verge¬ bene Furcht, daß die Natur als wie nach und nach ihre Wärme verliehren und die Kälte und Eiß fernerhin so zunehmen sollte, daß es sich be¬ ständig gegen Süden ausbreiten wurde; denn was es in einem Seculo durch einen gewissen Zusammenhang von Witterung zunehmen kann, kann es wieder in einem andern Seculo abnehmen. Wir haben Exempel an der Men¬ ge Schnee, der in den hohen Gebürgen liegt, daß er in 20. ja 30. Jahren fast jährlich zuneh¬ men kann, daß es scheint, der Schnee möchte mit der Zeit das ganze Land bedecken, aber in andern 20. Jahren sehen wir ihn so abnehmen, daß er scheint gänzlich vergehen zu wollen, und wofern er nicht in den Jahren, da er liegen ge¬ blieben, zu so einer ungemein grossen Härte ge¬ kommen ware, würde er sich gewiß gänzlich ver¬ liehren, wenn wärmere Sommer einfielen; so daß wir gnugsam daraus abnehmen können, daß die jährliche Vermehrung der Kälte nicht die Ursache ist, daß er liegend bleibt; denn so strenge Winter und schlechte Sommer, daß der Schnee überall bis mitten im Sommer gelegen hat, wie man es in den alten Zeiten aufgezeich¬ net findet, kann sich niemand in den neueren ---74/104--- Zeiten besinnen, woraus genugsam erhellet, daß die Kälte nicht beständig zunimmt: Also ist es gar wohl möglich, daß in den uhralten Zeiten das Eiß eben so nahe an der Seite von Grönland gewesen, und wiederum abgenom¬ men, ob wir schon nichts davon aufgezeichnet finden. Hier müßte man wol fragen, was die Ursa¬ che seyn möchte, daß so eine Menge Eiß in so kurzer Zeit auf der ostlichen Seite von Grön¬ land sich sammlen könnte, wo doch in uhralten Zeiten gar keines gewesen.? Da ist vors erste hieraus leicht zu sehen, daß dessen Vermeh¬ rung nicht durch das beständige Zunehmen der Kälte geschicht, denn da könnte in so wenigen Jahren aus gar nichts so eine erstaunliche Men¬ ge werden, und es wäre denn keine Proportion zwischen der Zeit, da es sich so häufig vermehrt, und der ganzen Zeit vorher, da gar keines ge¬ wesen. Es ist auch vorher erwiesen worden, daß dieses Eiß nicht an diesem Orte zusammen¬ frieret, sondern von der westlichen Seite her¬ umgetrieben wird, und sammlet sich hier. Ein Theil davon kann auch zuweilen weiter in die Nordsee hinein gegen Island getrieben werden, so daß oft an diesen Eißbergen weisse Bären nach Island hingebracht worden, doch bleibt der größte Theil davon unter dieser Seite des Landes liegen: dannenhero muß die Ursa¬ che der Vermehrung des Eises anders woher gesucht werden. Und von denen bishero be¬ ---75/104--- kannten Umständen kann keine andere Ursache gefunden werden, als folgende: Alle diese Ei߬ berge, die sich auf der ostlichen Seite von Grön¬ land sammlen, kommen alle, wie bekannt, aus dem sogenannten Iisfiord, oder Sinu glaciali, welcher eine grosse Riviere ist, die sich weit nord¬ ost ins Land hinein erstreckt. Wie weit nun diese Eißberge in diesem Sinu hinein zusammen¬ gefroren, und wie sie voneinander gebrochen werden, ist unbekannt; denn wegen des star¬ ken Strohms, blinder Felsen und beständigen Treibeises kann er nicht befahren werden. Es halten sich zwar etliche Grönländer etwas weit in diesem Sinu hinein auf, aber sie wissen auch keinen Bescheid zu geben. In dem äussersten aber von diesem Sinu liegen unter dem Wasser grosse Felsen, woran diese Eißberge, wenn sie groß sind, anstossen, und oft, entweder lange stehen bleiben, bis sie zerschmettert werden, oder auch, wegen ihrer Schwehre, oberhalb des Wassers durch den Strohm und die Wellen, die da von hintenzu drucken, über die Felsen gewälzet und auf diese Art loßgemacht werden. Es kann sich denn leicht zugetragen haben, daß dieser Sinus in den vorigen Zeiten ganz verstopft worden, entweder, daß er sehr tief, ja bis an den Grund zugefroren, oder auf andere Art verstopft gewesen. Wir haben Exempel an grossen frischen Seen, die hoch hier auf den norwegischen Gebürgen liegen, daß das Eiß darinne beständig liegen kann, und nicht auf¬ ---76/104--- thauen in 3. bis 4. Jahren nacheinander, da¬ hingegen in 10. bis 12. andern Jahren ganz offen seyn, so daß darinnen kann gefischet und mit Schifflein gerudert werden. Wofern nun dieser Eiß-Sinus in den vorigen Zeiten irgends¬ wo, entweder, wo er am schmälesten ist, oder am seichtesten, zugefroren oder verstopft gewe¬ sen, so hat weder so eine grosse Menge Eiß da herauskommen, noch so ein starker Strohm herausfallen können, welcher das Eiß zu dem Orte herumtreiben könnte, wo er jetzo gesamm¬ let wird. Wir finden in den alten norwegischen Hi¬ storien, daß der Winter in diesen Ländern bis¬ weilen so streng gewesen, daß nicht allein die Ostsee zum größten Theile ist gefroren gewesen, (wie sie auch zum Theil 1709. war,) sondern auch zum Theil die Nordsee gegen das Meer hin, so daß unter der südlichen und westlichen Seite von Norwegen hat das Eiß so weit ins Meer hinein gelegen, daß Leute, die unters Land zum Schiffe gekommen sind, so weit vom Lan¬ de eingefroren, daß sie mußten drey Tage und Nächte aufm Eiß gehen, bevor sie konnten das Land erreichen, und doch konnte man jenseits nicht sehen, wo das Eiß aufhörte. Und erzeh¬ let der alte Historienschreiber, Glycas, daß im 5ten Seculo das mittelländische Meer an den Ufern auf funfzig halbe Meilen gefroren gewe¬ sen ist. Wenn nun so eine grosse Etenduë mit Eiß belegt war, (wie vorhin von der Nordsee ---77/104--- gemeldet,) könnte es zum Theil eben den Effect thun, wie das Eiß unter Grönland und an den Orten das Nordlicht zeigen, (wo Aristoteles und Plinius es observirt haben,) weil es den Orten so viel näher war. Doch hat man eben nicht nöthig, sich viele Mühe zu geben, um die Luft¬ erscheinungen zu expliciren, die von ihnen be¬ schrieben worden, weil es ganz ungewiß ist, ob sie von selbiger Art gewesen. Denn in Per¬ sien werden auch oftmals des Nachts Lichtstrah¬ len gesehen, die durch den Himmel schiessen und mit Streifen als von Dämpfen begleitet werden (wie Chardin erzehlet,) welches gewiß kein Nord¬ licht ist, sondern sonder Zweifel ein feuriges Meteor; und wird wol oftmals dasjenige für Nordlicht angesehen, welches kein Nord¬ licht ist. Was die innere schnelle Bewegung des Nordlichts anbetrift, kann man sich leicht vor¬ stellen, wie dieses zugehet. Die Luft ist an sich eine dünne und flüchtige Materie, ist ohnedem sehr elastisch. Die oberste Luft ist noch dün¬ ner, und hat nichts über sich, wovon sie sollte gedruckt werden, deßwegen kann sie sich unge¬ hindert bewegen, wo sie hingetrieben wird. Wenn wir das Wasser betrachten, welches eben so ein flüßiges Ding ist, doch von einer weit schwehrerern Materie, was für Bewe¬ gungen und Wellen darinne können gemacht werden an seiner Oberfläche, besonders im of¬ senen Meere; so können wir uns leicht vorstel¬ ---78/104--- len, daß die Oberfläche von der Athmosphaera selten eben oder stille seyn kann; die Bewegung aber muß weit stärker und die Wellen weit grös¬ ser und flüchtiger seyn, die die Luft formiret. Wenn nun diese dünne und leichte Eißparti¬ rkelgen umeinander tummeln in diesen flüchti¬ gen Luftwellen, und zugleich gegen ein Licht ge¬ sehen werden, hat man sich nicht mehr zu ver¬ wundern über ihr Schimmern und schnelle Be¬ wegung, und daß die Bewegung auf keine an¬ dere Art geschicht, es mögen die Partickeln be¬ stehen aus was für einer Materie sie wollen, oder das Licht mag herkommen, wo es will, kann ein jeder, der oft Gelegenheit hat, das Nordlicht zu observiren, deutlich genug sehen. Insonderheit werden grosse und wunderns¬ wurdige Wellen an der Superficie des Wassers erregt, wenn zwey contraire Bewegungen dar¬ innen sind, als wenn zweyerley Ströhme oder Wellen einander begegnen, oder wenn der Wind von einer Gegend kömmt, und der Strohm von einer andern, da sich oft die gros¬ sen Wellen im Wasser aufthürmen, in unter¬ schiedenen Wirbeln gehen, und den Seefah¬ renden oft sehr gefährlich sind: Da nachdem leicht zu begreiffen ist, daß solche contraire Mo¬ tus oft in der Luft eintreffen, so kann man sich auch leicht vorstellen, wie die dünnen Dünste, die in der obersten Luft schwimmen, bald kön¬ nen zerstreuet, bald wieder dicke zusammenge¬ trieben werden, und so unterschiedene Strie¬ ---79/104--- men, Bogen, Wirbeln, &c. formiren, wie wir am Nordlichte wahrnehmen. Die Ursache der äusserlichen Bewegung des Nordlichts, welche immer gerade gegen den in der untersten Luft blasenden Wind geschicht, kann auch gar leicht gefunden werden. Es kann dieses gar ein jeder an den Wolken obser¬ viren, daß die obern oftmals eine contraire Bewegung haben gegen die niedrigen. Aus der Physic ist bekannt, daß der Wind und die Bewegung der Luft gemeiniglich auf diese Art verursachet wird, daß, wenn ein Theil von der Luft in einer gewissen Circumference, entweder durch die Kälte oder durch unterschiedene Dün¬ ste, die sich darinne sammlen, schwehr gemacht wird, kann die umstehende Luft nicht im Gleich¬ gewichte stehen, sondern die schwehrere muß denn über die leichtere, die weniger Wider¬ stand hat, hineinfallen. Diese wird denn an die Seite gedrückt; weil sie aber nicht allezeit Gelegenheit findet, gerade hin zu weichen we¬ gen der umstehenden Luft, die ihre Balance hält, muß sie nothwendig aufwerts gehen, wo sie kei¬ nen Widerstand findet, als bloß von ihrer ei¬ genen Schwehre, welche nur geringe ist. Daß die Luft, die auf diese Art gezwungen wird zu weichen, endlich aufwerts gehen muß, kann deutlich erwiesen werden, wenn man entweder durch die tägliche Erfahrung, oder durch Ver¬ gleichung meteorologischer Observationen von verschiedenen Orten anmerken will, daß ein ---80/104--- Wind, der an einem gewissen Orte bläset, er mag so stark seyn, wie er will, und so viel Ta¬ ge dauern, als er will, daß er doch nimmer in einer geraden Linie fortgehet, die Erdkugel rund herum, und denselben Strich wieder zurück; sondern er erstreckt sich nur gemeiniglich auf wenige Graden, ja zum öftern kaum auf ein oder zwey derselben der Länge nach hin. Nun kann an einem Orte, der da gerade gegen sel¬ bigen Wind liegt, diese ganze Zeit entweder ganz stilles Wetter seyn, oder auch der dasige Wind dem andern gerade entgegen blasen; woraus denn deutlich erhellet, daß alle diese Luft, die in so langer Zeit so stark bewegt wird, gerade gegen den Ort, wo es mittlerweile stille, oder contrairer Wind ist, nicht dahin gebracht wird; also folgt nothwendig, daß sie aufwerts muß gedruckt werden. Wenn sie nun solcher¬ gestält beständig aufwerts gehet, kann sie doch nicht lange stehend bleiben in einer merklichen Höhe über die übrige Luft, weil sie wie ande¬ re fliessende Materien, wegen ihrer Schwehre versus centrum terrae sich stets bemühet, ihre Oberfläche eben zu machen, und deßwegen sich zu allen Seiten ausbreiten muß; sie findet aber keinen Widerstand mehr an der Seite, woher die niedrige Luft wehet, weil die schwehren Dün¬ ste, wodurch ihre Bewegung verursacht wird, nicht so hoch sich erstrecken, derowegen kann sie eben so leicht dorthin, als anderswohin, ziehen, und vielleicht anderer Ursachen wegen am ehe¬ ---81/104--- sten dorthin. Dieser Luft müssen denn noth¬ wendig die dünnesten Dünste folgen, die da in dem obersten Theil von der Achmosphaera schwimmen, und folglich muß das Nordlicht, welches von dergleichen Dünsten bestehet, der niedrigsten Luft zuwider bewegt werden. Dar¬ aus sehen wir auch die Ursache, warum das Nordlicht am ehesten gesehen wird, wenn zwey widrige Winde in der Luft sind, denn da muß nothwendig die Luft, welche zwischen dieses zweyerley Wetter gelegen ist, durch die Zusam¬ mendrückung an beyden Seiten höher seyn, derohalben können die Strahlen von dem Lich¬ te um den Nordpol herum am leichtesten und in der weitesten Distance zu den Dünsten, die sich in der höheren Luft aufhalten, hinlangen. An solchen zwey widrigen Bewegungen kann man gar in dem Wasser deutliche Exempel se¬ hen, daß in dem öbersten davon eine ganz an¬ dere Art von Strohm seyn kann, als in dem untersten, welches insonderheit zu ersehen ist, wenn ein langer Sinus oder Riviere vom Meere hineingehet; denn wenn der Wind gegen das Land wehet, wohin denn auch das Wasser ver¬ mittelst der Wellen immer hineingetrieben wird, und folglich gegen das Land sich häuffet, so ge¬ het allezeit der Strohm sehr stark in dem ober¬ sten des Wassers nach dem Sinu hinein; weil aber das Wasser sich stets bemühet in Aequi¬ librio zu setzen, und kann an keinem gewissen Orte etwann in einer Höhe stehend bleiben, muß ---82/104--- es irgendswo wieder zurückfliessen, welches denn unten geschicht, so daß, wenn man in solches Wasser ein Senkbley hinauswirft, siehet man deutlich, daß die ersten zwey bis drey Ellen von dem Seile gebogen stehen nach dem obersten Strohm, dahingegen der oberste Theil sich ganz dawider nach dem niedrigsten Strohm bieget, weßwegen auch kleine Schiffe und Fahrzeuge, die in solchem Fahrwasser seegeln, wenn sie in den Sinum hinein wollen, sehr geschwinde mit wenigen oder fast keinem Wind fortkommen können, dahingegen schwehre Schiffe, die tief im Wasser stecken, so daß sie den niedrigsten Strohm erreichen, oft müssen wieder zurück¬ gehen. Daß das Nordlicht uns hiesiges Orts auf 66. Graden seine Coleuren am deutlichsten zwi¬ schen 35. und 45. Graden über den Horizoni in Norden zeiget, scheinet auch mit dieser Mey¬ nung ubereinzukommen; denn wenn man nach der allgemeinen Rechnung annimmt, daß die Höhe der Athmosphaerae ohngefehr 4. Meilen sey, (wiewol sie von neuern Physicis weit hö¬ her gesetzet wird,) und setze, daß der Beschauer stehe auf 66. Graden, das Eiß hingegen auf 72. Graden und drüber liege, kann man wol eini¬ germassen den rechten Winkel finden, wornach die Strahlen des Lichts gebrochen werden in intermedio densium, wenn die gefärbte Licht¬ strahlen sollen getrennet werden. ---83/104--- Daß aber solcher Bogen oder Striemen vom Nordlichte nicht allezeit so ganz genau an einem und demselben Ort befindlich sind, wenn sie Coleuren zeigen, darüber ist nicht zu wun¬ dern; denn erstlich erstreckt sich das Eiß, wo¬ her die Lichtstrahlen sollen herkommen, auf vie¬ le Graden nach allen Seiten hin, weßwegen das Punctum reflexionis unterschiedlich seyn muß, und dahero die Linea incidentiae an meh¬ reren Orten fallen. Vors andere haben auch die Dünste in der Luft, welche erleuchtet wer¬ den, unterschiedliche Figur und Lage, weßwe¬ gen Axis incidentiae, als auch Punctum refra¬ ctionis beständig mussen verändert werden, de¬ rohalben können sich die Coleuren mehr als an einem Orte zeigen; wenn aber die Dünste ge¬ gen den Zenith hinaufkommen, daß der Angu¬ lus refractus allzuspitzig wird, vergehen auch die Coleuren allmählich. (Obs. §. 16.) Es wird aber gar daran nicht gezweifelt, daß sie sich noch denenjenigen zeigen, welche weiter gegen Sü¬ den wohnen, alldieweil sie es noch unter ihrem rechten Winkel und nordseits ihrem Zenith se¬ hen. Daß die Bogen des Nordlichtes, wenn es von der ersten Art ist und ordentliche Coleuren hat, beständig ihr Centrum nicht allein gegen Norden, sondern auch zugleich ein paar Stri¬ che gegen Westen haben, scheint nicht wenig diese Meynung zu bestärken, weil der Ort, wo das Eiß in größter Menge gesammlet und uns ---84/104--- am nähesten ist, gerade vor uns hin in dersel¬ ben Linie lieget, nemlich nordnordwest. Ob¬ schon nun, wie vorhin erwiesen worden, das Nordlicht, wenn es von der ersten und andern Art ist, seine Coleuren per refractionem zeiget, so doch, wenn die Dünste dicke zusammenge¬ trieben werden, daß es von der dritten Sorte wird, kann es auch gar wohl per reflexionem geschehen, weßwegen auch ein Unterscheid gese¬ hen wird an der Repraesentation der Coleuren, wenn das Nordlicht dem Zenith vorbey kömmt, (Obs. §. 36.) denn da kann es nicht weiter per refractionem geschehen. Ueberhaupt kann man bey vielerley Gelegenheiten so unterschiedliche Art von Brechungen der Lichtstrahlen durch Die variable Situation und Lage der Dünste in der Luft sehen, daß man Mühe hat, die bis¬ hero bekannte optische Regeln zu appliciren. Als zum Exempel: Ich habe einmal erstlich ei¬ nen ordinairen Regenbogen gegen Osten gese¬ hen, und über diesen einen andern mit umge¬ kehrten Coleuren. Dieses ist nicht was selte¬ nes, und läßt sich gar wohl expliciren; aber von dem südlichen Ende des rechten Regenbo¬ gens stieg ein anderer auf, der seine Coleuren in ihrer rechten Ordnung hatte, und den er¬ sten an Klarheit und schönen Farben wirklich übertraf, war aber ganz eccentrisch mit dem ersten, und in seinem Anfange mit dem rechten Regenbogen ganz vereiniget; (wie an der Ta¬ belle Lit. D. zu ersehen.) Dieser Regenbogen ---85/104--- wird ohngefehr von der Art seyn, wie der Herr Halley sagt Phil. Traus. No. 420. ein einziges¬ mal gesehen zu haben. Ich habe ein andermal zwey halbe Bogen aufm Himmel gesehen, nicht weit vom Zenith, welche gegeneinander kehr¬ ten, und zwey andere kleinere innerhalb dem ersten, da die Luft zugleich erfüllet war mit sol¬ cher Art Dünsten, wovon gehandelt wird Obs. §. 59. und die Sonne stunde in Südwest. Sie hatten eben keine Regenbogencoleuren, doch konnte man aus dem ungleichen Lichte, so in ihnen gesehen wurde, wahrnehmen, als wenn sich schwache Farben äussern wollten. Noch ein andermal habe ich, da die Sonne neben dem Horizont in Südost stunde, einen Bogen von schwachen Schein in Nordwest gesehen, dessen oberster Theil dem Zenith nahe bis auf 10. Graden hinlangte, und dessen ganze Peri¬ pherie über den Horizont war; bisweilen ha¬ be ich zwey Höfe um die Sonne gesehen, die concentrisch gewesen; bisweilen einen halben, aber mit der Sonne ganz eccentrisch. Von welchem allem erhellet, daß wegen der unglei¬ chen Composition und Lage der Dünste es nicht allezeit genau kann determinirt werden, wie und wo das Licht in ihnen soll gebrochen und refle¬ ctirt werden. Ich kann mir leicht vorstellen, daß hier gleich will gefragt werden: Wenn dergleichen Dünste in der Luft sind, die solchergestalt die Lichstrahlen brechen und sowol Licht als Coleu¬ ---86/104--- ren geben können, warum kann denn eben das nicht geschehen durch das Licht der Sonne, des Mondes oder der Sternen, sowol als durch das Eiß unter Grönland, denn das Licht die¬ ser himmlischen Cörper muß ja gleichermassen durch diese Dünste in der Luft zu uns gebracht werden; warum werden denn dieselben Phae¬ nomena nicht hervorgebracht? Ich denke aber, daß dieses sich genugsam beantworten läßt: Es ist ja ein mehr als zu bekanntes Experiment, daß, wenn man in einer Camera obscura, wo kein ander Licht hineinkömmt, einen Lichtstrahl durch ein Prisma triangulare, oder ein conisches Glas mit Wasser gefüllet, durchfallen läßt, kann man nicht allein deutlich denselben Licht¬ strahl durch diese Corpora diaphana, sondern auch, nachdem die diversen Strahlen durch die Brechung separirt sind, alle Regenbogencoleu¬ ren sehen in ihrer Ordnung und mit der grö߬ ten Lebhaftigkeit auf einem weissen Objecto ab¬ gemahlt, welches vornan gestellet wird; will man aber dieses in der offenen Luft oder in ei¬ ner hellen Stube verrichten, ist dergleichen Lichtstrahl kaum zu sehen, und die Regenbogen¬ coleuren sind fast unkenntbar. Die Ursache ist leicht zu finden, weil der Zuschauer selbsten im Lichte stehet; also können die unzählichen und allenthalben her reflectirte Strahlen nicht anders, als dieselben schwächen und verwir¬ ren, daß sie wenig oder nichts von allen den übrigen können unterschieden werden. Eben ---87/104--- so verhält es sich auch hier. Wenn das Licht auch von allen himmlischen Cörpern zu uns gebrochen wird durch die Dünste, die in der Luft befindlich sind, so sind doch diese Strah¬ len nicht zu unterscheiden von den andern, die allenthalben her reflectirt werden, weil wir selb¬ sten in selbem Lichte stehen. Dahingegen aber haben wir hier im vorigen Casu eine natürliche Cameram obscuram; denn das Licht, woher diese Strahlen kommen, sind vor uns bedeckt unter dem Schatten der Erden, und wir selbst stehen im Dunkeln, deßwegen kann der gering¬ ste Strahl davon kenntlich werden. Und ob¬ schon nun dieses Licht, welches vom Eise re¬ flectirt würde, an sich schwach ist, so kann es doch bald kenntlich genug werden, wenn es durch die Refraction zu einem dunkeln Orte durch so dünne und helle Dünste gebracht wird, welche zwar nicht Kraft genug haben zu resisti¬ ren, und die Sonnenstrahlen, als welche stär¬ ker, zu brechen, so lange sie so dünne zerstreuet sind, wohl aber einen schwachen Schein, wie dieser ist. Doch siehet man aus demjenigen, was vorhin ist angeführt worden §. 59., daß eben diese Dünste, wenn sie überaus häufig sind und den ganzen Himmel bedecken, kön¬ nen auch den Sonnenstrahlen so vielen Wi¬ derstand machen, daß sie müssen gebrochen werden und schwache Coleuren zeigen in Ne¬ bensonnen und Sonnenhöfen; wozu beydes dieses gewißlich beytragen muß, sowol daß sie ---88/104--- dicke gesammlet sind, als auch, daß sie das übri¬ ge vom Himmel bedecken, und dadurch hin¬ dern, daß so viele andere Strahlen von den Seiten reflectirt werden zu dem Auge des Be¬ schauers. Gleichermassen müßte man ja auch fragen: Warum können die Wolken und der Nebel, welche neben dem Horizonte in Osten des Mor¬ gens früh stehen und sich ganz roth zeigen, wenn die Sonne noch unter dem Horizonte verbor¬ gen ist; dahingegen, so bald die Sonne etwas aufgegangen, daß wir auch selbsten in dessen Lichte stehen, eben sowol als wie die Wolken, vergehet die rothe Farbe, und diese Wolken se¬ hen hernacher ganz weiß aus? Die Ursache muß freylich eben dieselbe seyn, daß, so lange das Licht selbsten, woher die Strahlen ausge¬ schossen werden, vor uns bedeckt ist, werden die Strahlen mit Farben gesehen, hernach aber nicht; wenn allenthalben her Strahlen refle¬ ctirt werden, so sind diese von den andern nicht zu unterscheiden. Es thut nichts, daß jemand sagen wollte: Wir können ja oft diese Röthe in den Wolken sehen, auch, nachdem die Son¬ ne etwas weniges über dem Horizonte aufge¬ stiegen, da wir schon in dessen Lichte stehen; denn es ist mehr als zu bekannt, daß, wenn die Luft mit solchen Dünsten erfüllet ist, ist es die Sonne selbsten nicht, die wir aufsteigen sehen, sondern nur dessen Bild, welches sich per re¬ fractionem praefentiret über den wahren Platz ---89/104--- der Sonnen, denn auf diese Art gehet die Son¬ ne oft weit zeitiger auf, als sie sonsten thun soll¬ te, nach Berechnung der Polihöhe eines jeden Orts, welches, wie es zugehet, hier unnöthig zu demonstriren, weil es durch viele ordinaire Experimenta kann bewiesen werden. Hier aber mußte man wieder fragen, warum die ro¬ the Farbe sowol im Aufgange der Sonnen, als auch im Nordlichte und vielen andern Be¬ gebenheiten, sich zuerst zeiget, und dauret am längsten; ja daß sie sich allein durch gewisse Corpora diaphana zeiget, wenn alle die andern Regenbogencoleuren nicht gesehen werden? Nun ist dieses eine ausgemachte Sache, daß weder die Corpora diaphana noch opaca Far¬ ben an sich selbsten haben, sondern es bleibt ei¬ ne unwidersprechliche Wahrheit, welche New¬ ton erst erwiesen hat, daß die Sonnenstrah¬ len nicht von einerley Art sind, sondern sie¬ benerley, von welchen ein jeder seine eigene Kraft hat, das Auge so zu afficiren, daß da¬ durch die sieben Hauptcoleuren gezeiget wer¬ den, und daß gewisse Corpora diaphana geschickt sind, diese Strahlen von einander zu tren¬ nen, und gewisse Corpora opaca geschickt sind, einige Strahlen zu reflectiren, aber nicht aller¬ ley, welches allein dasjenige ist, das da verur¬ sachet, daß jedwedes Ding mit seiner beson¬ dern Farbe gesehen wird. Gleichermassen ist leicht zu schliessen, daß keine Art von Dünsten an sich mehr eine Farbe hat, als die andere; ---90/104--- sondern es kömmt nur darauf an, welche Sor¬ te von den oberwahnten Strahlen sie zulassen, durch sich zu dringen, und welche sie zurückhal¬ ten. Nun werden in allen Experimenten die rothen Strahlen von weit stärkerer Kraft be¬ funden, als alle die übrigen, welches zum Theil daraus erhellet, daß sie am meisten kenntlich sind, und das Gesicht am stärksten afficiren; besonders auch daraus, daß sie allezeit am we¬ nigsten gebrochen werden, und durch anstos¬ sen an ein ander Corpus nicht so weit von der Linea incidentiae gebracht werden, wie die an¬ dern, weßwegen sie nothwendig grössere Resi¬ stence machen müssen. Wenn nun die Son¬ ne bey dem Horizonte ist, so müssen alle die Lichtstrahlen, die zu unserm Auge sollen ge¬ bracht werden, durch die dickeste Luft fallen, die der Erden am nächsten und stets mit den gröbsten Dünsten erfüllet ist; deßwegen ist nicht zu verwundern, daß die schwächere Licht¬ strahlen zuruckgehalten werden, aber die ro¬ then nur, als die stärksten, dringen durch, und zeigen sich allein. Gleichermassen sehen wir, daß, wenn die Materie des Nordlichts so dicke wird, daß alle die andern Coleuren vergehen, zeigt sich doch noch oft die rothe, und wofern etliche mehrere sich zeigen, geschicht doch alles nach der Ordnung, wie eine jede, die grössere Kraft hat, Resistence zu machen, und in der Brechung am wenigsten von der Linea inci¬ dentiae weichet. ---91/104--- Ich erinnere mich hierbey, daß ich nicht sel¬ ten folgendes observirt habe: Wenn an hiesi¬ gen Orten des Winters zeitig Schnee überall fällt, bevor der Erdboden gefroren ist, daß al¬ le Moräste unter dem Schnee offen sind, (denn so lange, als der Schnee darüber liegt, frieret der Boden nicht, die Kälte mag noch so groß seyn, wie sie will;) wenn auch das Wetter bald darauf helle wird und eine scharfe Kälte kommt, steigen von den offenen Morästen durch den Schnee unzähliche Dünste, die von der gröbsten Art sind, daß sie fast können gefühlet werden, und bedecken alles, so, daß man auf eine Distance von wenigen Ellen nicht eins vom andern unterscheiden kann; (welches hier ge¬ meiniglich genennet wird Frostgov, oder Frost¬ rauch.). Diese Dünste steigen wegen ihrer Schwehre niemals hoch, sondern ziehen sich durch alle Thäler hinunter, oder legen sich al¬ lein übers Wasser oder das niedrigste Land, so daß, wenn man an einem etwas erhabenen Orte stehet, man sie ganz übersehen kann; wenn nun hernach ein starker Wind entstehet, werden sie zwar getrennet und ziehen stückwei¬ se mit dem Winde fort, als wie Wolken, doch nicht so sehr hoch von der Erden. Wenn ich nun bey solcher Gelegenheit hinter einem Hau¬ se, oder einem andern hohen Orte gestanden, daß das Corpus der Sonnen dem Auge bedeckt gewesen, und dessen Strahlen sich obenher al¬ lein gezeigt, und diese Dünste sind denn getrie¬ ---92/104--- ben gekommen der Sonnen vorbey, haben sie gleich die rothe Farbe bekommen, und wo sie am dünnesten sind, kann man auch bisweilen einen Schimmer sehen von den nächst folgen¬ den Regenbogencoleuren, nemlich von der gel¬ ben und der grünen; so bald man aber in das Sonnenlicht hervor tritt, sehen die Dünste ganz weiß aus, und haben gar keine Farben, welches alles ich doch bey keiner andern Art von Nebel, der von leichterer Art ist, und hö¬ her am Himmel stehet, habe zuwege bringen können. Dieses bekräftiget ganz deutlich alles das oben angeführte sowohl, daß die Coleuren per refractionem in den Dünsten sich nicht zeigen, es sey denn, daß das Licht, woher die Strah¬ len kommen, dem Zuschauer bedeckt ist; als auch, daß die Sonnenstrahlen, als die stärk¬ sten, keine Coleuren geben, oder genug gebro¬ chen werden können in den dünneren, wohl aber in den gröbsten Dünsten, wie diese oben gemeldte sind; als auch, daß die rothen Strah¬ len oft durchdringen, wenn die Dünste so grob sind, daß die übrigen müssen zurück blei¬ ben. Ich kann nicht begreiffen, wie es eigentlich zu verstehen seye, was ich so oft in den aus¬ wärtigen Observationen vom Nordlichte finde, daß der innerste Theil von dem Bogen allezeit dunkel ist. Gleichermassen, daß Mussenbroek sagt, daß der oberste Theil vom Bogen allezeit ---93/104--- helle ist, und scheint am meisten zu brennen. Das erste habe ich hiesiges Orts niemals ob¬ servirt: Das andere habe ich stets contrair gefunden. (§. 14.) Ob das Licht hier in den nordlichen Ländern, wo es durch die erste Bre¬ chung zu den Dünsten hinlangen kann, in un¬ serer Achmosphaera sollte unter die Lage der Dünste fallen konnen, und in den weit ent¬ fernten Ländern wiederum meistens auf den obersten Theil davon fallen? kann ich nicht sagen; sondern muß alles so anführen, wie es hier gesehen und befunden wird. Daß das Nordlicht in Grönland selbsten sich nur südwerts dem Zenith zeiget, folglich an einem ganz andern Orte des Himmels, als in allen südlichen Ländern, kann sich schwehr¬ lich nach einer andern Meynung erklären las¬ sen; dahingegen kann es nicht anders seyn, wenn man diese Hypothesin annehmen will. Denn wenn man auf oberwähnten dänischen Colonien ist, hat man nicht alleine die grö߬ ten Eißberge auf dem Lande, wie bekannt ist gleich neben der Seite in Osten; sondern die größte Menge von Eiß, welches im Meere liegt, und woher der Eißschimmer gesehen wird, hat man denn oftlich und südlich vor sich, welches nothwendig obgemeldete Veränderung in der Repraesentation des Nordlichtes verursachen muß. Es könnte zwar dawider gesagt wer¬ den: Gesetzt, daß man an diesem Orte so ei¬ ne grosse Menge Eiß südlich vor sich hätte, daß ---94/104--- daher das Nordlicht aufm südlichen Theil vom Himmel könnte gesehen werden, so ist doch zu vermuthen, daß nordwerts und näher am Po¬ lo müßte noch mehr Eiß seyn, welches denn auch Nordlicht verursachen möchte aufm nord¬ lichen Theile vom Himmel, sowol vor ihnen, als vor uns. Daß aber weiter nach Norden unter dem Pole mehr Eiß seyn sollte, ist sehr ungewiß; denn will man poniren, daß unter dem Nordpol festes Land wäre, und kein Meer, und die Kälte sollte immer, nach Proportion der Nähe vom Polo, zunehmen, so wäre fast nicht einmal mitten im Sommer die geringste milde Luft zu vermuthen, folglich könnte auch kein Eiß da seyn, sondern immer Schnee; denn wo es niemals regnet, oder aufthauet, da kann auch kein Eiß werden, der Schnee allein aber ist ungeschickt, einen Schein von sich zu geben; wofern unter dem Pol lauter Meer wäre, müßte es denn auch bis am Bo¬ den gefroren seyn, und denn gleichermassen mit Schnee bedeckt seyn. Man kann aber auch zum Theil auf andere Gedanken gerathen; ob man schon nicht eigentlich weis, wie und an was für einem Orte die schwimmenden Ei߬ berge componirt werden, die aus obgedachtem Eißfiord (Sinu glaciali) herausgetrieben wer¬ den, und das Eiß unter Grönland vermeh¬ ren, so kann man doch gar wohl sehen, daß selbiger Sinus eine Communication haben muß mit einem offenen Meere, welches nicht gefro¬ ---95/104--- ren ist, weil ein beständiger starker Strohm da herausgehet, welcher dieses Eiß vom Lande ins Meer hineintreibet. Nun wird niemals befunden, daß das offene Meer unter Grön¬ land an sich nimmer zufrieret, denn die salzigte See frieret gemeiniglich nicht, wo sie Strohm und Zug hat von andern Orten, und wo ein offenes Meer ist, aber nur allein, wo sie um¬ geben ist mit Land an den meisten Seiten, und durch viele Flüsse vom Lande erfüllet wird mit frischem Wasser. Deßwegen könnte es auch gar wohl hier dieselbe Bewandniß haben, wo¬ fern ein offenes Meer unter dem Nordpol wä¬ re, welches Zug oder Communication mit an¬ dern Meeren hätte, daß es, ohngeachtet der strengen Kälte, doch ganz vom Eise befreyet seye, wenn es nicht anderswoher dahin getrie¬ ben würde, so, wie es unter der Küste von Grönland geschicht. Noch fällt mir bey, daß ich von obgedach¬ ten Herrn Andrea Bing, als auch von andern gehöret habe, daß, so streng als die Kälte des Winters in Grönland war, so doch, so bald als der Wind anfieng von Süden zu blasen, fieng alles an aufzuthauen und der Schnee zu schmelzen, eben sowohl, als wie hier und an andern Orten. Wenn nun der Südwind, auch gar an den Orten mitten im Winter, sei¬ ne selbe Eigenschaft behält, daß er gelinde Luft mit sich bringt, so möchte man ja so obenhin schliessen können, daß unter dem Nordpol mü߬ ---96/104--- te beständig eine gelinde Luft seyn, weil daselbst unmöglich ein anderer Wind blasen kann, als Südwind, folglich sollte auch da kein Eiß seyn können. Aber alle solche Dinge lassen sich nicht zur Gewißheit durch dergleichen Schlüsse bringen, weßwegen man sich darinn nicht über¬ eilen muß, denn die Erfahrung müßte es allein ausmachen. Man könnte überdies dawider einwenden, daß, obschon unter dem Nordpol kein anderer Wind blasen kann, als der Süd¬ wind, so doch, weil er dahin kommen muß über die umliegenden kalten Länder, so muß er dort eben die Eigenschaft haben, als wie der Nordwind an andern Orten. Ich besinne mich zwar gelesen zu haben in einer alten Rei¬ sebeschreibung, daß jemand vorgiebt, daß er unter dem Nordpol geseegelt hätte, wo er, wi¬ der alle Vermuthung, eine überaus milde Luft gefunden; wozu er weiter keinen Grund an¬ giebt. Daß aber jemand da gewesen, muß billig unter die groben Fabeln gerechnet wer¬ den; wird auch nicht angeführt, um was dar¬ aus zu beweisen. Aber aus allem oberwähn¬ ten will ich nur so viel inferiren, daß es ganz ungewiß ist, und läßt sich gar nicht beweisen, daß nordwerts Grönland sollte absolut eine grössere, oder eben so grosse Menge Eiß befind¬ lich seyn, als auf dieser Seite; und deßwegen folgt auch nicht nothwendig, daß sich in Grön¬ land das Nordlicht zeigen sollte in dem nordli¬ chen Theile am Himmel. ---97/104--- Daß sich das Nordlicht sehen läßt an diesen Orten bey allerley Wetter, ausgenommen, wenn ein langwieriger Nordwestwind im Meere ist, und eine dicke Luft in der Achmosphaera auf die¬ se Seite, (§. 46.) kommt auch auch mit dieser Hy¬ pothesi vollig Überein, denn wenn so dicke Wol¬ ken und Dünste in der Luft befindlich sind eben in der Linie, durch welche das Licht sollte hieher gebracht werden, so ist nichts anders zu erwarten, als daß so ein schwaches Licht leicht kann gehin¬ dert werden, so weit zu kommen. Jenäher aber die dicke Luft dem Eise ist, desto eher kann sie das Nordlicht hindern; denn die Lichtstrahlen, wel¬ che hieher sollen gebracht werden, müssen erst ganz neben der Erde fallen durch die niedrigste Luft, und können deßwegen leicht zurückgehalten wer¬ den, wenn daselbst dicke Wolken zugegen sind. Dahingegen, wofern die Luft in einiger Distance von dem Eißrande helle ist, kann es nicht viel hin¬ dern, wenn sie weiterhin dicke ist, denn da fällt das Licht über sie, und kann ohnehin dort zu dem obersten von der Achmosphaera hinreichen; we߬ wegen es nicht zu wundern ist, da der Nordwest noch eine Tagszeit dauren kann, nachdem das Nordlicht angefangen hat, sich sehen zu lassen, ob es schon niemals fehlet, daß, sobald es in solchem Wetter gesehen wird, daß da auch der Wind mehr zu Norden gegangen, und die Meerseite ist in Nordwest rein worden. Hieraus kann leicht die Ursache gefunden wer¬ den zu allen den Veränderungen des Nordlich¬ ---98/104--- tes, warum es bisweilen alle Abend gesehen wird lange Zeit, bisweilen nicht; warum es bisweilen dunkel ist, bisweilen helle; bisweilen allein auf dem ostlichen, bisweilen auf dem westlichen Thei¬ le am Himmel gesehen wird, bisweilen überall. Die Ursache muß sowol in dem Eise, als in der Luft, die dazwischen ist, gesucht werden, als auch in den Dünsten selbsten. Ist das Eiß, welches vermuthlich oftmals eintrift, mit Schnee bedeckt, so kann es keinen Schein geben; weil aber der Schnee in Grönland nur sparsam fallt und nicht lange dauret, (wie vorhin erwiesen worden,) so kann auch das Nordlicht dieser Ursache wegen nicht lange ausbleiben. Dahingegen, wofern dicke Wolken und Dünste in der Athmosphaera übers Eiß sind, kann es lange wegbleiben; denn solches Wetter kann wol oft daselbst seyn, ohne daß es hieher hinreicht. Bisweilen kann zwar auch die Luft von Wolken rein seyn, aber doch mit andern Dünsten erfüllet; weßwegen auch das Nordlicht denn nur dunkel gesehen wird und einen schwachen Schein bekömmt. Denn der Hr. B. Wolf hat in seiner Physic deutlich bewie¬ sen, daß die Luft oft helle scheint, und doch kann sie mit Dünsten erfullet seyn, und daß die Dün¬ ste, welche in der Luft seyn können, die über un¬ sern Horizont ist, nicht allezeit die Ursache seyn, warum das Nordlicht dunkel scheint, ist vorher erwiesen worden §. 24.; derowegen müssen solche Dünste seyn zwischen dem Lichte selbsten, und die Dünste, die da erleuchtet werden. Ist nur eine ---99/104--- gewisse Strecke vom Eise mit Schnee bedeckt, oder auch ein gewisser Theil von derAchmosphae¬ ra mit Wolken erfüllt, so muß auch nur einem Theil von unserm Horizont, der da in gerader Linie entgegen liegt, das Licht benommen werden; bisweilen mangeln wol auch die Dünste, die das Licht annehmen sollen, welches doch wol unter allen der rareste Casus ist. Dieses alles hat grosse Schwürigkeiten, nach was fur einer andern Hy¬ pothesin man das Nordlicht erklären will: Es wäre aber nur zu wünschen, daß man aufrichtige und von einem rechtschaffenen Physico genomme¬ ne meteorologische Wahrnehmungen hätte, die in Grönland, Island und hier auf einige Zeit ge¬ nommen sind, so könnte man, was diese Sache anbetrift, mit noch mehrer Gewißheit raisoniren. Ich besinne mich, daß ich unter meinen Obser¬ vationen §. 31. angeführt habe, daß sich das Nord¬ licht, unter gewissen Bedingungen, mehr oder weniger zeiget, nach was für einer Stellung der Mond am Himmel hat, ich habe aber weder meine Gedanken von der Ursache davon eröfnet, noch mich desselben bedient, um etwas zu bewei¬ sen von meinen Sätzen: Denn weil es gewisse Veränderungen angehet, an denen ich observi¬ ret habe, daß unsre Athmosphaera durch den Um¬ lauf des Mondes und der Erden und ihre ge¬ meinschaftliche Schwehre und Action gegenein¬ ander unterworfen ist, habe ich dieses nicht aus¬ führen können, sondern muß es zu einer andern Gelegenheit verspahren. ---100/104--- Zum Beschluß muß ich auch melden, daß mir neulich in die Hände gerathen M. Oedmanns, Probst in Vigen und Hauptprediger in Tanum in Schweden, seine Choro¬ graphia Bahusiensis, worinn er unter andern anführet ein kurzes Gespräche, so er mit mir gehabt vom Nordlichte. Ich muß aber hiemit sagen, daß der gute und gelehrte Mann nach Verlauf so langer Zeit sich meiner Relationen davon nicht recht erinnert hat, auch meine Gedanken nicht recht begriffen, weßwegen ich keinen Theil nehmen kann an dem, was da angeführt wird. Ich könnte zwar noch unterschiedenes vorbringen, welches diese Hypothesin wahrscheinlich machen möchte; weil ich aber viel weit¬ läuftiger worden, als ich dachte, will ich es für diesmal bewenden lassen, und vermuthe, daß, wo ich nicht ha¬ be ausmachen können, was das Nordlicht seye, so habe ich doch gewissermassen bewiesen, was es nicht seye, und kann ein jedweder, der dazu Lust hat, selbsten leicht diese Meynung weiter conferiren, sowol mit meinen als an¬ derer ihren Observationen, um selbsten genauer auszu¬ finden, wie weit fich alles hierauf passen kann. Diejeni¬ gen, welchen diese meine Hypothesis gleich ganz unge¬ reimt vorkommen möchte, und davor halten, wie die meis¬ ten, daß das Nordlicht eine eigene Art Dünste, entweder sulphurische, magnetische, phosphorische, oder sie mögen Namen haben, wie sie wollen, und entweder vom Nordpol hinaufsteigen, oder aus was für einer Ursache es seyn mag, halten sich in der Nähe daherum. Ihnen will ich zum Beschluß nur gebeten haben, allein daßjenige zu obser¬ wiren, was Obs. §. 1. und 4. ist angeführt worden, nem¬ lich, daß das Nordlicht vor so vielen hundert Jahren ist gesehen worden in Grönland, der damals bewohnt war von norwegischen Leuten, auf derselben Höhe liegt, wie Bergen in Norwegen, wo doch das Nordlicht nicht sonderlich kenntlich zu sehen war vor 1709. Es liegt denn auch weit südlicher als Drontheim, wo auch kein Nordlicht in den alten Zeiten ist bekannt gewesen. Hier ---101/104--- ist ja denn ein unauflößlicher Knoten, man mag eine an¬ dere Meynung annehmen, was für eine man will: Ich will gern concediren, daß das Nordlicht möchte eine Art besonderer Dünste seyn, und daß gewisse Ursachen seyn können, warum dieselben sich in einer gewissen Di¬ stance um den Pol herum halten; daß es aber sollte von vorigen Zeiten an einer gewissen Longitude, eben sowohl als zu einer gewissen Latitude oder Distance vom Polo gebunden und gleichsam gerichtlich verbannet seyn, daß es continuirlich sollte sich in Grönland zeigen, und nicht hier oder an andern Orten, die doch eben so weit in Norden liegen, und fast näher am Polo, dazu kann ich unmöglich gebracht werden zu glauben; denn das wäre von einem Meteoro allzuviel zu verlangen und zu praetendiren. Zuletzt hoffe ich, daß, wofern ich auch niemanden mit dieser Hypothesi, die ich propo¬ nirt, satisfait gemacht habe, daß ich doch einigen Lieb¬ habern der Naturwissenschaft gedienet habe mit meinen Observationen, die alle aufrichtig sind angeführet wor¬ den. * * * Anhang. Weil sich auch vor einiger Zeit ein neues Phaeno¬ menon geäussert hat, nemlich, daß der Him¬ mel bey der Nacht ganz blutroth ausgesehen hat, welches bey einigen nicht weniger Schrecken als Verwunderung verursachet hat, weil dieses theils selte¬ ner ist, als das Nordlicht, theils auch mehr fürchterli¬ cher anzusehen. Da, weil es einigermassen Zusammen¬ hang hat mit dem vorhergehenden, will ich kürzlich an¬ führen, was ich davon habe observiren können. Das erstemal, so viel ich weis, daß so was ist gesehen worden, war ohne Zweifel 1734.; hernacher habe ich es nur zwey¬ mal observiret, doch mit Unterscheid. Das erstemal sieng es des Abends um 8. Uhr an im November, da fast ---102/104--- der ganze Himmel blutroth war, so daß fast keine Melange von Farben eine stärkere Röthe geben können: Es war nicht so hellroth, wie etwann die Farben der Morgenrö¬ the sind, dahero sahe es mehr der Blutfarbe ähnlich; an etlichen Orten war die Farbe dunkler, und sahe denn aus, als wenn das rothe mit einem schwarzen Flohr über¬ zogen war. Einige, die dieses sahen und für nichts omineuses hielten, konnten nicht anders schliessen, als daß irgendswo in der Nachbarschaft grosse Tannenwäl¬ der in Brand gerathen wären, welche so eine rothe Far¬ be in den Wolken zeigen könnten; aber es wurde herna¬ cher befunden, nicht so zu seyn. Gegen 10. Uhr fieng diese Röthe an, getrennet zu werden, so daß der helle Himmel an einigen Orten konnte darzwischen gesehen werden, und nahm mehr und mehr ab, daß nur hie und da etwas weniges zu sehen war von der Röthe; aber gegen Morgen, wie ich von andern hörte, hat es wieder angefangen, sich mehr zu zeigen. Ohne dies ist es nur zweymal zu sehen gewesen, doch nur an etlichen wenigen Orten am Himmel. Das letzte¬ mal, so im December war 1747., war nur ein Stuͤck am Himmel von etlichen zwanzig Graden mit solcher Röthe gegen Westen überzogen, und ein anderes eben so gegen Osten; dieses schiene zwar heller, als das erste, hatte aber eben so eine starke blutrothe Farbe, doch stärker in der Mitte als gegen den Ränden, wo sie blasser war. Diese dreymal, da es ist gesehen worden, ist allezeit das Wetter ganz stille gewesen und zugleich eine gelinde Luft, daß, ob es schon Winterszeit gewesen, habe ich doch gar unter offenen Himmel keine sonderliche Kälte verspühret. Das Wetter vor und nach ist von keiner sonderlichen Bedeutung gewesen. Vorher ist gemeinig¬ lich helles Wetter und einige Kälte gewesen, nachher ist gemeiniglich Schnee oder vermischter Schnee und Re¬ gen darauf gefolget, welches bald wieder aufgethauet hat; und dieses ist an hiesigen Orten nicht was rares. So oft als so eine Röthe ist gesehen worden, ist stets das Nordlicht zugleich am Himmel gewesen. Das er¬ stemal, da der Himmel meist überall damit überzogen ---103/104--- war, konnte man das Nordlicht, das darüber war, gar nicht eher sehen, als gegen 10. Uhr; da denn der rothe Nebel anfieng, sich zu trennen, und das Nordlicht da¬ hero deutlich gesehen wurde überall zu seyn, so weit als es sonst am Himmel zu seyn pflegt. Aber die andern beydenmale, da sich diese Röthe nur stückweise am Him¬ mel gezeigt, konnte man das Nordlicht gleich sehen, und so lange, als das Nordlicht einigermassen in gerader Li¬ nie über derselben war, hatte dieses Phaenomenon sei¬ ne rechte rothe Coleur, so bald aber, als dieser Theil vom Nordlichte vergieng, oder sich weiter hinzog, ob es schon noch häufig genug anderswo am Himmel seyn konnte, vergieng auch die rothe Farbe, und der Nebel, der noch an dem Orte blieb, hatte nur eine Art graue, oder lieber lichtbraune Farbe; er schiene nicht dicke zu seyn, bedeckte doch alle Sterne, besonders in dem mit¬ telsten Theile, wo er am dicksten war. Alles, was nun mit einiger Gewißheit von diesem Phaenomeno kann gesagt werden, ist dieses, daß es von einer gewissen Art von Dünsten bestehet, die sich in dem niedrigsten Theile von der Athmosphaera aufhal¬ ten, weil das Nordlicht über dasselbe ist. Hernacher, daß es vom Nordlichte sein Licht und rothe Farbe allein hat, weil es sich nur zeiget, wenn das Nordlicht eini¬ germassen in einer geraden Linie über demselben stehet, verliehrt aber sein Licht und Farbe, wenn sich das Nord¬ licht davon wegbegiebt. Es scheint sonsten, daß dieser Nebel von ordinairer Beschaffenheit nicht seyn kann, weil das Phaenomenon so selten zu sehen ist; als auch, daß selbiger Nebel nicht sehr dicke seyn muß, doch von der Beschaffenheit, daß es nur die rothen Lichtstrahlen läßt durch sich scheinen, die andern aber zurückhält. Dieses kann auch ein ohnfehlbarer Beweis seyn von demjenigen, was ich vorhin vorgebracht habe vom Nord¬ lichte, daß es gar wohl möglich ist, daß ein Nordlicht kann andern Dünsten von selbiger Art auch Licht geben, welches denn dadurch weiter propagirt wird gegen Sü¬ den hin, als sonst geschehen möchte bey der ersten Bre¬ chung; denn, kann es diese grobe Dünste erleuchten, so ---104/104--- kann es eben das auch mit den dünnern machen, die von derselben Art find. Von was für einer Beschaffenheit sonsten diese ober¬ wähnte Dünste seyn, davon kann aus so wenigen Ob¬ servationen nicht viel gesagt werden. Ich besinne mich, da+ ich bey Gelegenheit ein Feuer gesehen habe weit ent¬ fernet, da denn zugleich halbgeschmolzener und feuchter Schnee heranter fiel, und das Fener sich nicht allein grös¬ fer gezeigt hat, als ordinair in derselben Entfernung, son¬ dern auch zugleich blutroth; dahingegen, wenn nur trocke¬ nen Schnee gefallen, hat die Flamme ganz weiß ausgese¬ hen: Gleichermaßen, wenn die Fenster in einer Stube des Winters mit Reif von der Kälte sind überzogen gewes¬ sen, und es angefangen hat warm in der Stube zu werden, so daß der Reif zu schmelzen anfieng, und denn um selbige Zeit ein Licht hineingebracht worden, haben die Fenster einem, der draussen gewesen, ganz; roth ausgesehen in ei¬ ner kurzen Zeit, dahingegen, wofern die Fenster sind mit glattem Eis überzogen gewesen, oder das Eiß unter dem Reife ist, hat sich das Licht nicht anders gezeigt, als wenn man es durch das Glas allein siehet. Hierans vermeyne ich schliessen zu können, daß diese Dünste ein dünner Schnee seyn müssen, welcher in der Luft hanget, und weil allezeit zugleich ein stilles Wetter ges¬ wesen nicht eben ist zusammengetrieben worden, oder herunter gefallen, sondern von der gelinden Luft, die zu¬ gleich allezeit mitgefolgt, gleichsam angefangen hat zu schmelzen; weil aber hierzu ein besonderer Zusammen¬ hang in der Luft erfordert wird, daß Schnee da soll be¬ findlich seyn, und doch nicht mehr davon zugleich gesamm¬ let seyn, sondern so eine Weile hangend bleiben; her¬ nach, daß dieser Schnee bey einfallender gelinder Luft soll wässericht werden, und gleichsam anfangen zu schmelzen, and auch, daß um selbige Zeit Nordlicht am Himmel seyn soll, so ist nicht zu wundern, daß man diese Lusterschei¬ nung selten zu sehen bekommt.